Full text: Lesestoff der sechsten Klasse (Untersekunda) (Teil 1, [Schülerband])

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Das Ziel der Jugenderziehung der Griechen 
von Ernst von Lasaulx. 
Das Ziel der liberalen Jugenderziehung der Griechen war Männer 
zu bilden, Bildung von Charakteren. Damit der Leib gesund bleibe und 
ein gerechtes Organ der Seele, wurde er fortwährend gymnastisch geübt; 
damit die Seele frei sich entwickle, übte man sie in freien Musenkünsten. 
Die Musik im engeren Sinne sollte harmonisches Ebenmaß in die Seele 5 
bringen, sie reinigen von den Leidenschaften und ihre Tatkraft erhöhen; 
die Mathematik, „die an der Lüge keinen Teil hat", sollte sie abziehen von 
dem Sinnlichen und mit reiner Freude an der Wahrheit erfüllen; die Poesie, 
aus göttlicher Begeisterung geboren, sollte den: wirklichen Leben den Spiegel 
des Idealen vorhalten und die Seelen der Jugend entzünden zu nacheifernder 10 
Bewunderung gegen die großen Männer der Borwelt; die Philosophie, 
die größte aller Gaben der Götter, sollte den einzelnen frei machen von sich 
selbst, damit er das Seiende erkenne, d. h. sich selbst sowohl als die allgemeine 
göttliche Vernunft, welche das Weltall durchdringt, und hoch auf das Irdische 
herabschaue und nichts für unerträglich halte, was einem Menschen begegnen 15 
könne; die Kunst endlich die Muttersprache zu handhaben sollte den reifen 
Jüngling fähig machen das Erkannte und Gewollte nicht nur mit den Waffen 
der Faust sondern auch mit dem Schwerte der Rede mannhaft zu verteidigen. 
Die Summe ihrer Tugendlehre war: die Götter zu verehren und die 
Heroen und in ihrer Nachfolge stets zu wandeln, zunächst den Göttern die 20 
Eltern zu lieben und die Freunde treu das Leben hindurch und zum dritten: 
das Vaterland glühend zu lieben und seinen Gesetzen gehorsam zu sein bis 
zum alles aufopfernden Tode. Praktisch in allem suchten sie überall die 
Energie des Willens zu erregen, alle in ihm vereinigten Kräfte des Lebens 
zu reinigen und zu heben und auf ein Ziel, das Vaterland, zu konzentrieren. 25 
So waren sie, was sie waren, ganz, ihre Bildung aus einem Guß, an Leib 
und Seele, im Kennen und Können, Verstände und Willen gelungene Men¬ 
schen. Und aus diesem Gruude, da ein großer und nicht der schlechteste Teil 
der modernen Bildung auf griechisch-römischer Grundlage ruht, ist es gerecht, 
daß die wissenschaftliche Bildung des edleren Teiles der Jugend fortwährend 30 
auf das Studium des klassischen Altertums gegründet wird. 
Die weltgeschichtliche Bedeutung des griechischen Uolkes 
von Friedrich Jacobs. 
Daß sich die Geschichte der hellenischen Nation so ganz anders als die 
Geschichte anderer berühmter Nationen vor unsern Augen ausbreitet, ist 
nicht bloß ein Wirken des Zufalls sondern ihrer Überlegenheit.
	        
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