Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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bei der Vermählung wurde die Braut mit dem Hammer berührt, 
zum Zeichen, daß sie nun für immer dem Manne angetraut war. 
Der dritte der großen germanischen Götter ist Zio oder Tyr, 
der auch unter dem Namen Ziu oder Tiu vorkommt. Auch er ist 
ein Sohn des erhabenen Himmelskönigs, der als Allvater über 
alle Wesen herrscht. Ist Wodan der Lenker der Schlachten, so ist 
Zio der Gott des wilden Kriegsgetümmels. Ihm war das Schwert 
geweiht; daher auch sein Name Sachsnot, der Schwertwaltende, 
bei den angelsächsischen Stämmen; an ihn erinnerte im deutschen 
Walde der kriegerisch behelmte Eisenhut. 
In zahlreichen anderen Gottheiten hat sich der religiöse Sinn 
unserer Altvordern gezeigt. Da ist Fro oder Freyr, der Sonnengott, 
der die segnenden Strahlen der Erde zuführt. Wie er selbst, der 
gütige, freundliche Herr, auf dem goldborstigen Eber reitet, so ist 
auch an seinem herrlichen Feste zur Zeit der Wintersonnenwende ein 
gebratenes Wildschwein, das einen goldfarbigen Apfel oder eine 
Zitrone im Rachen trägt, das auserlesene Gericht. Ihm ähnlich ist 
seine Schwester Freya. Sie segnet die Erde mit Fruchtbarkeit, 
ist aber auch zugleich die Anführerin der Walküren, jener Schild¬ 
jungfrauen Wodans, welche die gefallenen Helden aufwärts tragen 
in Folkwang, der Göttin Palast. Hier wird ihnen der Trank 
der Unsterblichkeit gereicht, durch den sie zu den Freuden Walhalls 
eingehen können. 
Von Frigga, der Götterkönigin, geschieden, deren Züge sie im 
übrigen trägt, tritt bei manchen germanischen Stämmen die 
freundliche, milde Göttin Hulda oder Holda auf, auch Frau .Holle 
oder — bei den süddeutschen Stämmen — Frau Berchta genannt. 
Überall bezeigt sie sich wohlwollend und mütterlich gegen die Menschen 
und zürnt nur da, wo sie Trägheit und Unordnung im Haushalte 
wahrnimmt. Auf einem Wagen fährt sie durch das Land, überall 
Segen und Fruchtbarkeit spendend. Wo der Flachs fein und richtig 
gesponnen wird, da spricht sie ihren Segen über das Haus: „So 
manches gesponnene Haar, so manches gute Jahr." — Der trägen 
Hausfrau ruft sie zu: „So manches angesponnene Haar, so manches 
böse Jahr." Fleißigen Spinnerinnen schenkt sie Spindeln, die das 
Garn wunderbar vermehren, oder Flachsfäden, die sich hernach in 
Gold verwandeln. Auch von ihr heißt es, daß es auf Erden schneit, 
wenn sie ihre Betten macht. Hulda liebt die Brunnen und Seen; 
oft sieht man sie zur Mittagsstunde als schöne, weiße Frau am Ufer 
sitzen und in die Tiefen des Gewässers hinabtauchen zu ihrer
	        
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