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genbert Engel, welche auf den thurmartigen Lauben über den Apostelbildern
angebracht sind, wollte man ohne Zweifel das Chor als den wahren Sitz
des Gesangs und der Musik, als ein Sinnbild der ewig von Lobgesängen
erschallenden himmlischen Wohnung bezeichnen. — Hinter den Chorstühlen
an der Einfassungsmauer haben sich ebenfalls Reste alter Temperamalereien
erhalten. Diese sind jetzt mit in Seide gestickten Bildern bedeckt. Die höl¬
zernen Chorstühle sind besonders an ihren untern Abtheilungen mit sehr
mannichfaltigen und seltsamen Erfindungen von schönem Schnitzwerk verziert.
Eine schöne, zur Bauart des Ganzen passende Einfassung des Chors ist im
Jahre 1766 gleichzeitig mit dem prächtigen, über 60 F. hohen Tabernakel,
welches, mit der größten Zierlichkeit aufgebaut und mit unzähligen Bildern
geschmückt, an der Nordseite des Hauptaltars stand, zerstört worden. Die
steinerne Einfassung ist durch ein geschmackloses Gitter ersetzt, der freistehende
Altartisch (in Gestalt eines einfachen Tisches) durch ein rundes Tempelchen
von italienischer Art überbaut worden; nur die Vorderseite des Altars hat
noch ihre ursprüngliche Gestalt behalten; man sieht hier in Bogenstellungen
von weißem Marmor die von gleichem Stein verfertigten, hocherhaben gear¬
beiteten Standbilder der Apostel, und in der Mitte Christus, auf einer Ruhe¬
bank die neben ihm sitzende Maria krönend.
Das Chor ist umgeben von sieben Kapellen oder Chörlein, wie man
sie in alten Zeiten nannte. Mit der Siebenzahl mag der Baumeister wohl
eine Andeutung auf die sieben Gaben des heil. Geistes oder auf die sieben
Sacramente beabsichtigt haben. Fast in jeder Kapelle ist gegenüber dem
Altar ein tischartiges Grabdenkmal errichtet, worauf man das liegende, hoch¬
erhabene, lebensgroße Bild eines Erzbischofs aus Marmor oder Erz, meist
vortrefflich gearbeitet, sieht, wie namentlich jenes des Erbauers, Conrad von
Hochsteden, in der dritten Kapelle an der Nordseite. In der aus diese letztere
folgenden mittleren Kapelle aber findet man in einem marmornen Gehäuse
von neuerer italienischer Bauart den goldnen, reich mit Bildwerk, Gemmen
und Edelsteinen geschmückten Sarg der heil, drei Könige aufgestellt. ,
Das Aeilßere.
Geistreiche Männer, wie Georg Förster, haben das Innere hoher spitz-
bogiger Kirchen treffend mit dem schattenreichen Wipfelgewölbe uralter Wäl¬
der verglichen, und so ließe sich das Aeußere mit einem vielzackigen Felsen
dergleichen. Was die uralte Kirchenbaukunst am meisten auszeichnet und einen
Haupttheil ihres Charakters ausmacht, ist jenes reiche Gebilde, welches durch
die mannichfaltigste Wiederholung und Umwandlung weniger Grundgestalten
entsteht, jene folgerechte Gliedernng, die, wie bei Naturerzeugnissen, in's
Unendliche zu gehen scheint. Es zeigt sich dieser Charakter am Aeußeren
^vch auffallender als am Innern.
Wie die ganze Kirche in ihrer vordern Breite und in ihrer ganzen
>änge aus fünf Abtheilungen besteht, so sollten die Thürme auch in
ihrer Höhe fünf Theile haben, vier Geschosse nämlich, von welchen das
letzte ein Achteck, und zum Schluß einen dem Achteck entsprechenden durch¬
brochenen' Helm. Die gesammte Höhe der Thürme (532 F.) aber sollte
etwas mehr als die Länge der Kirche (im Aeußern 490 F.) betragen,
so daß mit der Verkürzung, die eine solche Höhe für den Beschauer auf
einem angemessenen Standpunkt erleidet, diese der Länge gleich erschienen
wäre. Die Höhe des (1862 vollendeten) Mittelthurmes (355 F.) ver-