Full text: Deutsches Lesebuch für die mittleren Klassen und die Secunda höherer Lehranstalten

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10. Sollt' ich Seiner mich nicht freuen, 11. Daß an öden Felsenklüsten 
Singen nicht, daß Wolke, Wind, Liebend Er vorübergeht, 
Auch die Blitze, wenn sie dräuen, Und in düstern Todtengrüften 
In des Vaters Händen find? Des Erhalters Athem weht? 
3. Das Licht. 
(Don Joh. Kaspor Lavater.) 
1. Und bätt'st Du Nichts geschaffen. Nichts, 
Gott, wärst Du Vater nur des Lichts, 
Wo nähm' ich Wort' und Kräfte her, 
Zu sagen: Gott, wie groß ist Erl 
2. Das Licht, Strahl Deiner Herrlichkeit, 
Es strahlt vom Himmel und erfreut, 
Und deckt im wunderschnellen Lauf 
Uns Millionen Wunder auf. 
3. Voll Gottes und voll Lebenskraft 
Durchdringt's, erweicht's, erwärmt's und 
m schasst- 
Verwandelt schnell dre öde Nacht 
In eine Welt voll Freud' und Pracht. 
4. Der Pflanzen Heer, der Thiere Schaar, 
Es stellt mir Erd' und Himmel dar, 
Schafft um mich Hügel, Berg und Thal, 
Und neue Welten ohne Zahl. — 
5. Im liebevollen Menschenblick, 
Wie strahlt's so herrlich mir zurück! 
Wie sührt's mir Freudenströme zu! 
O Duell des Lichts, wie gut bist Dn! 
6. Gott sprach: Sei Licht — da strahlte 
Licht - 
Wem leuchtet's sanft in's Angesicht, 
Und freut sich still anbetend nicht, 
Daß Gott — Erleuchtungssreuden spricht.? 
7. Gott ist, ist Huld, Erfreuer — ist 
Des Lichtes Schöpfer! Jesus Christ 
Sein Abglanz — und sein Ebenbild, 
Der alle Welt mit Licht erfüllt. 
8. Ja, hätt'stDu Nichts geschaffen. Nichts, 
Gott, wärst Du Vater nur des Lichts, 
Wo nähm' ich Wort' und Kräfte her, 
Zu sagen: Gott, wie groß ist Er! 
4L Das Gewitter. 
(Don Friedr. Leopold Graf zu Stolberg.) 
1. Im schwülen Süden schwollen 
Die Wolken, und es rollen 
Schon ferne Donner her: 
Der Lüste kundig, schweifet 
Die leichte Möw' und streifet 
Den Flügel in das Meer. 
2. Die dunkeln Wolken brausen; 
Vom hohen User sausen 
Die Winde bis in's Thal; 
Von Stürmen ausgewittert, 
Rauschet laut der Wald und zittert 
Schon vor dem nahen Sttahl. 
3. Um seine Wipfel schwirren 
Die Reiher, und es girren 
Die Turteltäubchen bang; 
Die Vögel aus den Lüsten 
Verbergen sich in Klüften, 
Im jähen Felsenhang. 
4. Den Saum der Wolke malet 
Die Sonne noch, und strahlet 
Durch reger Büsche Laub; 
Aus goldnem Strahle schwebet 
Die Sonnenflieg', und bebet 
Und schießt auf ehren Raub. 
“>. Der schwere Himmel sinket; 
Die ferne Aue trinket 
Den milden Regen ein; 
Die Lüste werden trüber, 
Die Wolke zieht herüber, 
Und birgt der Sonne Schein. 
6. Willkommen, milder Regen! 
Es rauschet Gottes Segen 
Von tiesgewölbtem Graul 
Aus Gottes Hand gegossen, 
Erquickt er Keim und Sprossen 
Und tränket Feld und Au'. 
7. Das lebende Gewimmel 
Verstummt dem nahen Himmel 
In wacher, froher Ruh; 
Gehüllt in zarten Schleier, 
Gibt die Natur die Feier 
Von ihren Kindern zu. 
8. Und was am Stengel bebet, 
Und was im Staube webet, 
Saugt neues Leben ein; 
Das zarte Gläschen wanket, 
Und festgeklammert schwanket 
Am Halm das Würmelein. 
9. Die Donner Gottes schallen, 
Die Blitze Gottes fallen; 
Wir aber zagen nicht! 
Die Blitze Gottes spalten 
Die Wolken, und entfalten 
Sie nicht zum Strafgericht! 
10. Denn Gottes Rechte röthet 
Den Flammenpfeil! Und tödtet 
Uns himmlisches Geschoß: 
So wird ein Flammenwagen 
Die Kinder Gottes tragen 
In ihres Vaters Schooß. 
11. Es möge vor Gewittern 
Der bleiche Sünder zittern, 
Wo ein Gewölk' ergraut; 
Gewitter, Sturm und Regen 
Verkünden Gottes Segen 
Dem, welcher ihm vertraut. 
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