Novalis. (Friedrich von Hardenberg.)
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23. Und als im Hafen Schiffer kommen,
Bescheids er sie zu sich her.
„Habt von Arion ihr vernommen?
Mich kümmert seine Wiederkehr."—
„Wir ließen recht im Glücke
Ihn in Tarent zurücke." —
Da, siehe! tritt Arion her.
24. Gehüllt sind seine schönen Glieder
In Gold und Purpur wunderbar.
Bis auf die Sohlen wallt hernieder
Ein leichter, faltiger Talar;
Die Arme zieren Spangen,
Um Hals und Stirn und
Wangen
Fliegt duftend das bekränzte Haar.
25. Die Zither ruht in seiner Linken,
Die Rechte hält das Elfenbein.
Sie müssen ihm zu Füßen sinken,
Es trifft sie wie des Blitzes Schein.
„Ihn wollten wir ermorden;
Er ist zum Gotte worden!
O schläng' uns nur die Erd'
hinein!" —
26. „Er lebet noch, der Töne Meister;
Der Sänger steht in heil'ger Hut.
Ich rufe nicht der Rache Geister,
Arion will nicht euer Blut.
Fern mögt ihr zu Barbaren,
Des Geizes Knechte, fahren!
Nie labe Schönes euren Mut!"
LoiiaW. (Friedrich von Hardenberg.)
Gedichte. Herausg. von W. Beyschlag. 2. Aufl. Leipzig. 1877. Böhme & Drescher.
62. Wenn ich ihn nur habe.
1. Wenn ich ihn nur habe,
Wenn er mein nur ist,
Wenn mein Herz bis hin zum Grabe
Seine Treue nie vergißt:
Weiß ich nichts von Leide,
Fühle nichts als Andacht, Lieb'
und Freude.
2. Wenn ich ihn nur habe,
Laß ich alles gern.
Folg' an meinem Wanderstabe
Treugesinnt nur meinem Herrn;
Lasse still die andern
Breite, lichte, volle Straßen wan¬
dern.
3. Wenn ich ihn nur habe,
Schlaf' ich fröhlich ein.
Ewig wird zu süßer Labe
Seines Herzens Flut mir sein.
Die mit sanftem Zwingen
Alles wird erweichen und durch¬
dringen.
4. Wo ich ihn nur habe,
Ist mein Vaterland;
Und es füllt mir jede Gabe
Wie ein Erbteil in die Hand:
Längst vermißte Brüder
Find' ich nun in seinen Jüngern
wieder.
63. Wenn alle untren werden.
1. Wenn alle untreu werden, Daß Dankbarkeit auf Erden
So bleib' ich dir doch treu, Nicht ausgestorben sei.