Inschriften.
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Wohl kam nun Helgi voll Hast zu Brunhilden.
Gab ihr voll Siegfried die Sonnenblume
Und meldete freudig der bebenden Mutter,
165 Zwar die Folge der Worte zuweilen verwirrend
Doch leicht zu deuten, aus treuem Gedächtnis
Jede Silbe, die Siegfried gesagt.
Dann erhob er die Händchen und wiederholte
Mit rührender Bitte: „Er ist nicht böse,
170 Er ist der Beste — sei mild, o Mutter,
Den Göttern vergieb, weil er mir so gut ist."
Sie saß einen Augenblick ohne zu atmen,
Der Stimme beraubt, versteinert, ratlos
Und bleich wie der Tod; dann plötzlich blutrot,
175 Fuhr sie empor zum nördlichen Fenster
Und drückte wie rasend nach draußen den Nahmen;
Zu Mehl ward der Mörtel, es brach aus der Mauer
Und krachte hinab, und Brunhild kreischte:
„Halt Siegfried, halt Siegfried!"
180 Doch menschlichem Ruf war er nimmer erreichbar.
In weiter Ferne sah sie die Fähre
Mitten im Strom. In den Strahlen des Morgens
Blinkten die Waffen der Weidgenossen
Wie von feurigen Funken, und einer der Funken
185 Umspielte die Spitze vom Speere Hägens.
Sie stürzte die Stiege hinab zu den Ställen —
Kein Roß mehr bereit! — Sie rannte zum Rheine —
Nirgend ein Nachen, hinüber zu setzen.
Sie wollte sich werfen ins rauschende Wasser,
190 Hinüber zu schwimmen — drüben verschwand schon
Auf raschen Rossen am waldigen Rande
Des Horizontes der Zug der Jäger.
Ein Schwindel ergriff sie: grausige Schwärze
Bedeckte die Welt — ihr verging das Bewußtsein.
158. Deutsche Inschriften an Haus und Gerät.
5. Ausl. Berlin. 1888. W. Hertz.
!. Mit Gott fang an, mit Gott hör auf! „
Das tst der schönste Lebenslauf. für internationale
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