Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

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rühmliche Wetteifer liegt tief in seiner Seele und ist die Folge 
eines gewissen gemeinschaftlichen Gefühls, welches diesem Stande 
eigen ist. Ihm muß es übrigens gleich gelten, ob die Sonne 
ihm dazu leuchtet, oder ob er sich, in der tiefsten Finsternis 
der Nacht, bloß auf das Tasten seiner harten Hände verlassen 
darf. Selbst wenn der Sturm ein Segel zerrissen hat und 
mit den Stucken alles zerpeitscht, scheut kein Matrose die Ge— 
fahr, von einem solchen Schlag getroffen zu werden, und rettet, 
bas zu retten ist. Wenn in der Nähe Land vermutet wird, 
sitt er mehrere Stunden lang unbeweglich am höchsten Gipfel 
der Marsstange und blickt aus dieser einsamen, schwindlig 
machenden Höhe wachsam umher. Er lächelt, wenn unerfahrne 
Landleute oder junge Anfänger jeden heftigen Wind einen 
Slurm nenuen, und ist ungern freigebig mit diesem Namen, so 
lange das Schiff noch mehr als die untern großen Segel führt. 
In offener See hat selbst ein Sturm nichts Schreckliches für 
ihn; was kann er ihm schaden, sobald alle Segel eingezogen sind 
Und das Schiff, mit dem Schnabel gegen den Wind beigelegt, 
mit fesigebundenem Ruder deim Drange der Wellen folgt, oder 
wenn man es, sicher, daß kein Land in der Nähe sei, mit wenigen 
Segeln schnell vor dem Sturm hinfliehen läßt! Nur alsdann 
wird der Sturm in der That fuͤrchtbar, wenn er das Schiff 
auf eine Küste fährt, wo kein Hafen dem Seefahrer Sicherheit 
berspricht und die einzige Hoffnung, dem Schiffbruch zu ent⸗ 
gehen, auf der Stärke der Segel beruht. Diese Gefahr trifft 
hn indes nur selten; Anstrengung und Unannehmlichkeiten hin⸗ 
gegen sind sein tägliches Los. 
Der Posten am Steuerruder ist einer der beschwerlichsten; 
keiner hält es länger als eine Stunde dabei aus, und, wenn 
die See in hohen Wogen geht oder der Wind heftig stürmt, 
müssen zwei Personen zugleich das Rad regieren, welches sonst 
für die Kräfte des einzelnen Mannes leicht zu mächtig wird 
und ihn zuweilen so mit sich fortreißt, daß er in Lebensgefahr 
ist. Wenn das Schiff nahe am Winde geht und die See etwas 
ungestüm ist, so schlagen die Wellen oft hinein, und zwar haupt⸗ 
sächlich da, wo die Wache sich aufhält, die zuletzt, bis auf die 
Haut durchnäßt, sich lachend über ihr Unglück tröstet. Diese 
Gleichmütigkeit, die den Sinn für Freude nicht ausschließt, ist 
n Hauptzug in dem Charakter des Seemanns Die schnellen 
Veränderungen der Witterung und des Windes, die man zur See 
so oft erfährt, tragen vieles dazu bei, den Matrosen gegen alles
	        
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