Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

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220. Strassburgs Verlust. 
Nach dem Nimweger Prieden schwoll der Ubermut Lud- 
wigs XIV. immer höher an. Er liess eine grosse Statue an- 
ferigen, die ihn darstellte, vie er auf den Nacken von vier 
gefesselten Sklaven trat, und diess Sklaven wurden dureh 
deutliche Attribute als der Kaiser, Spanien, Holland und der 
Brandenburger Kurfürst bezeichnet. Lerner liess er sieh eine 
Uhr verfertigen, in welcher ein künstlicher Hahn bei jedem 
Stundensehlage krähte, und ein künstlicher Adler dabei am 
ganzen Leibe zitterte. Der Hahn bedeutete EFrankreich und 
der Adler das deutsche Reich. 
Plõtzlich erklärte er 1680, er mũsse zu dem, was er be— 
reits vom deutschen Reiche erobert habe, auch noch alle die 
Lander, Städte, Güter und Rechte erhalten, die je einmal 
damit zusammengehangen hätten, 2z. B. alle deutschen RKlöster, 
die einmal vor sausend Jahren dureh Merovinger und Karo- 
linger gestiftet worden seien, alle Ortschaften, die je mit 
Burgunä, Plsass oder dem Breisgau in Lehnsverband oder 
Erbyertrag gestanden u. s. v. In diesem Sinne liess er zu 
Besangon und Breisach, Metz und Doornik vier Reunions- 
oder Wiedervereinigungskammern errichten und durch feile 
Gelebrte und Juristen in alten Archiven jene Abhängigkeits- 
verhältnisse ausstöbern. 
Die Ausführung wurde Brandschatzern und Mordbrennern 
berlassen, die im Nlsass, in den Niederlanden und der Pfal- 
gewaltsam die alten Wappen wegrissen und das französische 
ufpflanzten, Besatzungen einlegten und ungeheure Geld- 
summen erpressten. Von dem uns gestohblenen Gelde lBels 
Ludwig XIV. dreibundert neue Kanonen giessen, um die ge- 
raubten Städte und Landschaften damit zu behaupten. 
Das ganze deutsche Reich geriet in Bewegung; aber 
wãhrend man langweilig in Regensburg ratschlagte, handelten 
die Eranzosen und setzten sieh plötzlich dureh Verrat in den 
Besita von Strassburg. 
Diese Stadt opferte alles auf, um sich gegen Prankreich 
zu behaupten. Die Bürger vermehrten ihre Pestungswerke, 
besoldeten Druppen, zogen je den dritten DTag immer selbst 
uf die Wachen. Sie strengten alle ihre Kräfte an, um ihre 
Reicusfreiheit zu behaupten. Aber dieser Zustand der An- 
trengung dauerte schon 60 Jabre, die beständige RKriegs- 
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