Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

53 * — 
der gebräuchliche Feuerlärm gemacht, die Wächter riefen, 
die Soldaten an den Wachen gaben die dignalschüsse, die 
Tuürmer zogen die Sturmglocken. An ein Löschen seitens 
der Bewohner war nicht zu denken, da die Flamme schon 
sehr mächtig war. Als die Spritzen in Ordnung gebracht 
waren, brannte der Speicher von oben bis unten; und der 
Rohrfũhrer, der in den Speicher drang, mulste seinen Posten 
sehr bald wieder verlassen. Mit überraschender Schnellig- 
keit teilte sich das Peuer den Nachbargebäuden mit. Die 
Nahrung, welehe das Feuer hier fand (ein Speicher war mit 
Zucker und Getreide angefüllt, ein anderer mit Arrak, 
Kampher und Schellack), die Glut, welehe dadurch sioh nach 
allen Seiten verbreitete, liels schon jetzt dem Kundigen die 
drohendste Gefahr abnen. Schon 1Stunde später wurden neue 
Land- und Schiffsspritzen in Thãtigkeit gesetat. Gegen Morgen 
erhob sieh ein frischer Südwind, und es gelang den Bestre— 
bungen der Spritzenleute das südwärts gelegene Erbe Nr. 42 
vor dem verheerenden Elemente zu retten. 
Aber der Wind, der an der einen Seite rettete, verdop- 
pelte an der anderen die Gefahr und machte es unmöglich, 
dort mit demselben Erfolge der Flamme Linhalt zu thun. 
Vergebens hatte man alle vorhbandenen Spritzen anrücken 
lassen, vergebens durch vereinte, angestrengte Phätigkeit das 
Peuer innerhalb des jetzt in Plammen stehenden Bezirks ein- 
zusehliessen gesueht, das Peuer schien aller Anstalten zu 
spotten. Die Schiffsspritzgen mulsten ihren Posten verlassen, 
weil der brennende Spiritus das enge Pleet auf zwei Häuser- 
breiten bedeckte, und die einstürzgenden Giebel, die herab- 
schiessenden Bretter und sonstigen Vorräte Spritzen und 
Mannschaften zu vernichten drobten. Als sieh nun gegen 
Morgen der Wind immer stärker aus Südwest und Westsüd- 
west erhob, als man schon mehrere Häuser im Rödingsmarkt 
hatte preisgeben müssen, als auch die Gebäude der Stein- 
twiete nicht mehr zu retten waren, da kam den kundigen 
Leuten, die bisher noch im vollen Vertrauen auf die treff- 
lichen Löschanstalten der Vaterstadt die baldige Beherrschung 
des Feuers gehofft hatten, die ungeheure Gefahr, in der die 
Stadt schwebte, zum vollen Bewulsstsein. Das ganze Viertel, 
von der Steintwiete, dem Deichstrassen-leet, dem Rödings- 
markt und der Görttwiete begrenzt, stand in FHlammen. Die 
Häuser auf dem Hopfenmarkt fingen an, in ihren HEinterge- 
K. Brandt, Lesebuch. IV. 
34
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.