Wie lieblich ist's, wenn sich der Tag verkühlet,
Hinauszusehn, wo Schiff und Gondel schweben,
Wenn die Lagune, ruhig, spiegeleben,
In sich verfließt, Venedig sanft umspület!
5 Ins Innre wieder dann gezogen fühlet
Das Auge sich, wo nach den Wolken streben
Palast und Kirche, wo ein lautes Leben
Auf allen Stufen des Rialto wühlet.
Ein frohes Völkchen lieber Müßiggänger,
10 Es schwärmt umher, es läßt durch nichts sich stören
Und stört auch niemals einen Grillenfänger.
Des Abends sammelt's sich zu ganzen Chören,
Denn auf dem Markusplatze will's den Sänger
Und den Erzähler auf der Riva hören.
3.
Venedig liegt nur noch im Land der Träume
Und wirft uns Schatten her aus alten Tagen,
Es liegt der Leu der Republik erschlagen,
Und öde feiern seines Kerkers Räume.
s Die ehrnen Hengste, die, durch salz'ge Schäume
Dahergeschleppt, auf jener Kirche ragen,
Nicht mehr dieselben sind sie, ach, sie tragen
Des korsikan'schen Überwinders Zäume.
Wo ist das Volk von Königen geblieben,
io Das diese Marmorhäuser durfte bauen,
Die nun verfallen und gemach zerstieben?
Nur selten finden aus der Enkel Brauen
Der Ahnen große Züge sich geschrieben,
An Dogengräbern in den Stein gehauen.
4.
Es scheint ein langes, ew'ges Ach zu wohnen
In diesen Lüften, die sich leise regen;
Aus jenen Hallen weht es mir entgegen,
Wo Scherz und Jubel sonst gepflegt zu thronen.
s Venedig fiel, wiewohl's getrotzt Äonen;
Das Rad des Glücks kann nichts zurückbewegen:
Öd' ist der Hafen, wen'ge Schiffe legen
Sich an die schöne Riva der SUavonen.