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Schlegel. — Schneckenburger.
387. Das Sonett.
Zwei Reime heiß' ich viermal kehren wieder
Und stelle sie geteilt in gleiche Reihen,
Daß hier und dort zwei, eingefaßt von zweien,
Im Doppelchore schweben auf und nieder.
5 Dann schlingt des Gleichlauts Kette durch zwei Glieder
Sich freier wechselnd, jegliches von dreien.
In solcher Ordnung, solcher Zahl gedeihen
Die zartesten und stolzesten der Lieder.
Den werd' ich nie mit meinen Zeilen kränzen,
w Dem eitle Spielerei mein Wesen dünket
Und Eigensinn die künstlichen Gesetze.
Doch wem in mir geheimer Zauber winket,
Dem leih' ich Hoheit, Füll' in engen Grenzen
Und reines Ebenmaß der Gegensätze.
Poetische Werke, I, S. 309.
Max Schneckenburger.
388. Die Wacht am Rhein.
1. Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall:
„Zum Rhein, znm Rhein, zum deutschen Rhein!
Wer will des Stromes Hüter sein?"
Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein.
2. Durch Hunderttausend zuckt es schnell,
Und aller Augen blitzen hell:
Der deutsche Jüngling fromm und stark
Beschirmt die heil'ge Landesmark.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein.
3. Er blickt hinauf in Himmelsaun,
Wo Heldengeister niederschaun,
Und schwört mit stolzer Kampfeslust:
„Du, Rhein, bleibst deutsch wie meine Brust."
Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein.
4. „Und ob mein Herz im Tode bricht,
Wirst du doch drum ein Welscher nicht,