276
gar alles Lösegeld den armen Groiern. Das tat die fürstliche
Milde des Richard Löwenherz, und diese Großmut erhob den
Ruhm dieses Helden über alle Edlen. Achtzehn Rosse und Rüstungen
schlug er aus einem Turniere heraus, und alles überließ er den
Rufern und Wappenschauern an den Schranken. Da wurde
mancher glücklich.
10. Ein solcher Massenkampf phantastisch geschmückter Kämpfer,
von denen jeder für den Speerstich doch Raum zum Anlauf be¬
durfte, muß ein weites Feld gefordert haben und schwer über¬
sehbar gewesen sein. Er versammelte eine ungeheure Menschen¬
menge und regte den leidenschaftlichen Anteil der Zeitgenossen
auf wie kein anderes Ereignis, mehr als eine Schlacht. Immer
wurden der Frühlingsglanz des Mai, das frische Grün des
Grundes, die Blüten am Baum und auf der Wiese als zugehörig
mit empfunden. Darüber entzückte die Spannkraft von Mann
und Roß, die heftigen Bewegungen, der unaufhörliche Wechsel
leidenschaftlich bewegter Gruppen, Speerkrach und Schwertklang,
das Wiehern und Schnauben der Rosse, welche die Aufregung der
Reiter teilten, die Rufe der Ritter und Knappen und der Beamten
des Turniers — sperä sper, wichä wich, hurtä hurt, slahä
slach, stich und stich, jarä! wurrawei! (Speer her, schlage,
stich, weiche, drauf!) — Dazu unaufhörliche Erfolge und Unglücks¬
fälle, die Gestalten und Rüstungen erlauchter Herren, bekannte und
berüchtigte Reiter der Landschaft, die Zuschauerbühne mit ge¬
schmückten Frauen, die bunten Farben und Stoffe, Malerei und
neue Erfindungen an Waffenkleidern und Pferdedecken, zuletzt die
Menge zusammengelaufenen Volks; es waren sinnbetörende Bilder
für Kämpfende und Zuschauer. Und es wird berichtet, daß
solche Turniere einen ganzen Tag währten, ja mehrere Tage
hintereinander.
88. Mittelalterliche Schlachten.
August Sach, Deutsches Leben in der Vergangenheit, Halle (Waisenhaus), 1890, I, S. 867.
1. Es ist eigentümlich, wie der alte Brauch der Germanen,
Tag und Ort der Schlacht mit dem Feinde zu vereinbaren, noch
im Mittelalter zuweilen geübt ward. Die Schlacht galt eben als
ein Zweikampf, in dem ein Gottesurteil zwischen den Gegnern
entscheiden sollte. Es wurden Sicherheiten gegeben, daß bis zu
der bestimmten Frist der Friede nicht gebrochen werde; jeder
Feldherr bedrohte seine Soldaten, falls sie vorher Feindseligkeiten
perübten, mit dem Galgen,