Full text: Für Quarta und Untertertia (Abteilung 2, [Schülerband])

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Unglück gerade so viel von der deutschen Sprache verstand wie 
der Fragende von der holländischen, nämlich nichts, sagte kurz 
und schnauzigZ: „Kanmtverstan" und schnurrte vorüber. Dies 
war nun ein holländisches Wort oder drei, wenn man's recht 
betrachtet, und heißt auf deutsch so viel wie: „Ich kann Euch nicht 
verstehn." Aber der gute Fremdling glaubte, es sei der Name des 
Mannes, nach dem er gefragt hatte. „Das muß ein grundreicher 
Mann sein, der Herr Kanmtverstan," dachte er und ging weiter. 
2. Gass' aus, Gass' ein kam er endlich an den Meerbusen, 
der da heißt Het oder aus deutsch das Ipsilon. Da stand 
nun Schiff an Schiff und Mastbaum an Mastbaum, und er wußte 
anfänglich nicht, wie er es mit seinen zwei einzigen Augen durch¬ 
setzen werde, alle diese Merkwürdigkeiten genug zu sehen und zu 
betrachten, bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit auf 
sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt 
eben ausgeladen wurde. Schon standen ganze Reihen von Kisten 
und Ballen auf- und nebeneinander am Lande. Noch immer 
wurden mehr herausgewälzt, und Fässer voll Zucker und Kaffee, 
voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte 
er endlich einen, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, 
wie der glückliche Mann heiße, dem das Meer alle diese Waren 
an das Land bringe. „Kanmtverstan," war die Antwort. Da 
dachte er: „Haha, schaut's da heraus? Kein Wunder! Wem 
das Meer solche Reichtümer an das Land schwemmt, der hat gut 
solche Häuser in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen vor die 
Fenster in vergoldeten Scherben." 
3. Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht traurige 
Betrachtung bei sich selbst an, was er für ein armer Teufel sei 
unter so vielen reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben 
dachte: „Wenn ich's doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser 
Herr Kanmtverstan es hat!" kam er um eine Ecke und erblickte 
einen großen Leichenzug. Bier schwarz vermummte Pferde zogen 
einen ebenfalls schwarz überzogenen Leichenwagen langsam und 
traurig, als ob sie wüßten, daß sie einen Toten in seine Ruhe 
führten. Ein langer Zug von Freunden und Bekannten des Ver¬ 
storbenen folgte nach, Paar und Paar, verhüllt in schwarze Mäntel 
und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glocklein. Jetzt 
ergriff unsern Fremdling ein wehmütiges Gefühl, das an keinem 
guten Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, und er blieb 
mit dem Hut in den Händen andächtig stehen, bis alles vorüber 
grob. — 2) sprich: „Ei".
	        
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