Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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Wir wenden uns jetzt zu den Kulturvölkern. 
Unter ihnen allen ist die nationale Sitte, welche sich in Bau und 
Einrichtung der Häuser zeigt, im schnellen Abnehmen begriffen. Schwach 
und vereinzelt erhalten sich noch die Spuren dessen, was einst dem 
häuslichen und gesellschaftlichen Leben eines jeden dieser Völker seine 
eigentümlich feste Färbung gab; nur das Klima fordert noch immer 
sein altes Recht. Das schwedische und norwegische Haus ist zugleich Vor— 
ratshaus und eingerichtet für den langen Winter; das alte finnische 
hat seiner kleinen Fensterlöcher wegen selbst am hellen Tage nur Zwie⸗ 
licht. Das spanische Haus kann des unationalen Balkons, auf welchem 
man frische Luft und den Blick in die Straßen genießt, nicht entbehren. 
Das italienische behält noch immer das leichte und freie eines Land 
hauses, in welches Licht und Luft von allen Seuen eindringt. 
Am steifsten halten die Holländer und Engländer fest an der 
Hauseinrichtung ihrer Vorfahren. 
Der Holländer baut noch immer nur wenige Räume, welche aus— 
sehen, als wären sie nur der Reinlichkeit wegen da. Den bessern Teil 
des Hauses hält er den größten Teil des Jahres verschlossen, weil er 
ihn nur für festliche Tage öffnen und ihm durch den täglichen Gebrauch 
nicht den Anstrich des Verwohnten geben will. Seine Küche hat er, 
wie der Engländer, halb in der Erd, 
Der Engländer legt auf das Wohnzimmer, das allen Haus⸗ 
bewohnern gemeinschaftlich ist, das Hauptgewicht; die Privatzimmer 
sind klein und überaus einfach, aber jenes muß geräumig sein und 
und wohlgelegen, einen großen Tisch und einen kleinen mit einer 
Menge von Sesseln, und unfehlbar seinen Kamin mit einem Kamin⸗ 
gesims haben, welches mit irgend einer glänzenden Ausstellung prunkt. 
Ein größeres englisches Haus ist ein Muster von vollendeter Ein— 
richtung. Es enthäli regelmäßig die vier großen Räume des Wohn-, 
Speise-⸗, Bibliothek- und Gesellschafts-Zimmers; die Küche mit Geschirr-, 
Milch-⸗ und Waschhaus befinden sich am Hinterhofe, die Schlafzimmer 
oben im Hause. 
Noch viel mehr in feststehenden Formen bauen die Nordamerikaner. 
Dieses Volk hat sonst alles abgestreift, was die freie Bewegung in 
Handel und Gewerbe und die freie Meinungsbethätigung in Politik 
und Religion behindert, in seinem Hausbau aber befolgt es sklavisch 
eine gleichförmige Regel. Ein Blockhaus ist freilich schon an sich so 
einfach, daß es nicht viele Geschmacksentfaltung zuläßt, aber merk— 
würdig bleibt es doch, daß jedesmal, wo man es im weiten Gebiete 
der Vereinigten Staaten antrifft, Herd, Ehebett, Bank, Fenster und 
Thür in dem einen sich genau an derselben Stelle befinden, wie in dem 
andern, das Dach überall gleich gebaut, ja selbst ein Normalmaß in 
Länge und Breite vorhanden ist, von welchem nur selten abgewichen 
wird. Aber auch das Backstein- und Bretterhaus in und bei vden
	        
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