50
—
26
29
heit, die es in Treuen ehrt und mit Verständnis pflegt. Wir alle
können ihm nicht genug dafür danken; es erhält uns ein glänzendes
Bild dessen, was keine Schilderung uns vormalen und, wenn es ein—
mal dahingegangen, keine noch so geschickte Nachahmung zu ersetzen im
Stande wäre. Die Stadt ist einzig in ihrer Art, denn sie ist nicht
Kopie, sondern Original; und obwohl herabgestiegen von ihrer einstigen
Höhe, hat sie rasch eine andere erklommen, die nicht minder achtung—
gebietend ist und zugleich unser ganzes Herz besitzt. Nicht mehr wie
in alten Zeiten hinter diesen Mauern verteidigt Gustav Adolf die Stadt
gegen Wallenstein und Tilly, sondern durch diese Tore ziehen friedliche
Gaste herein, die willkommen sind, wenn sie es einige Tage sich hier
gefallen lassen. Nicht mehr singen die „Meister des Handwerks“ noch
„arbeiten“ sie in „eingeschlossenen Gilden“ — die Gewerbefreiheit hat
auch diesen Bau zersiört; aber ihre Tabulaturen und Fahnen, ihre
silbernen Becher, Innungszeichen sammt Lade, Schaustück und alledem
werden jetzt im Rathause aufbewahrt, „der vergangenen Zeit zur Ehr,
der kommenden zur Lehr.“ Nicht mehr sind die Reichskleinodien aus—
gestellt in der alten Burg Barbarossas; aber mit Ehrfurcht betritt man
den Hof mit der achthundertjährigen Linde, das Schloß und die Halle,
den Sitz der ehemaligen Burggrafen von Nürnberg, die Wiege des
neuen deutschen Kaisergeschlechtes; dicht aneinander, wie weiter oben in
schwäbischen Landen Hohenstaufen und Hohenzollern, grenzt hier das
Alte an das Neue, wie wenn durch die Jahrhunderte hin ein geheimer
Zusammenhang oder Gegensatz bestanden habe, dem es vorher bestimmt
war, sich auszugleichen zur Vollendung deutschen Wesens. Ein Habs—
burger war es, Rudolf von Habsburg selbst, der den ersten Zollern⸗
grafen hier eingesetzt; Fehden entstanden daraus, als der Lehnsmann
wuchs, bittere Kriege zuletzt, und wie lange, lange hat es gedauert
bis zu jenem schönen Tage, wo der ehemalige Lehnsherr, ein
gefeierter, hochwilllommener Gast im Königsschlosse zu Berlin, unter
zwei von dort datierte Verordnungen schrieb: „Gegeben in der Haupt-
stadt des deutschen Reiches am 11. September 1872.
Die Burg von Nürnberg ist in neuern Zeiten wieder wohnlich
hergerichtet worden; König Maximilian II. von Bayern und seine Ge—
imnahlin haben hier oft und gern Hof gehalten. Im Jahre 1866 hat
auch der jugeudliche König Ludwig hier geweilt. Die Zimmer des
Königs und der Königin find noch vollständig so erhalten, wie sie
erstere verlassen haben; und trauliche Zimmer sind es mit gebräuntem
Balkenwerk und Nischen in den Mauern und kleinen Fenstern, aus denen
man einen Blick hat auf die gute, gewerbreiche Stadt Nürnberg und
die weite Ebene, welche sie umgibt. Tief unten vom Felsgrunde herauf
wächst einiges Grün, die Gräben haben sich mit Baum und Strauch
bedeckt, und um den alten Heidenturm rauschen die Pappeln. An dem
großen Thor, mit dem Reichsadler geschmückt, klopft gern der Fremde,