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heißt noch jetzt die Gesandtenstraßen Unter den mannigfach interessanten
Gebäuden dieser zwar langen, aber nach unseren Begriffen doch ziem—
lich engen und dusteren Straße, steht besonders eines, dessen vornehme
Architektur an den italienischen Palaststil erinnert, und über dessen
Thüre man den Löwen van San Marco, in Stein gemeißelt, erblickt.
Es war einst die Residenz der venetianischen Gesandten. Hier und an
den Ecken mehrerer anderer Straßen sieht man eiserne Ringe, Krampen
und wohl auch noch rostige Ketten; mit diesen wurden die Straßen
gesperrt, wenn „Gesandtentag“ war, bei großen festlichen Auffahrten
des diplomatischen Korps u. s. w.
Länger als das hl. römische Reich hat sein Oberpostmeister gelebt;
in der That, schon volle 60 Jahre war jenes gefallen, als das Post⸗
horn der Thurn und Taxis noch lustig durch die Lande schmetterte.
Wie viele unserer Zeitgenossen sind noch in dieser roten Kutsche ge—
fahren, die nun auch von der Eisenbahn überholt ist. Verklungen
läugst über Berg und Thal ist das Posthorn, aber auch im Hause
Thuͤrn und Taxis ist es stiller geworden. Ihre Residenz in der
alten, ehemals gefürsteten Reichsabtei von St. Emmeran zu Regensburg,
ein mächtiger Gebäudekomplex, aus welchem Kirchtürme, Schloßkuppeln
und die Dächer des Marstalles und der Reitschule hervorragen, ist
ziemlich einsan geworden. In dem alten Kreuzgange befindet sich das
Erbbegräbnis der Thurn und Taxis in welchem die jetzt regierende
Fürstin Helene, eine bayrische Herzogin, oft und lange an dem Sarge
ihres 1867 verstorbenen Gemahles weilt.
So ist also auch Regensburg, die liebe, freundliche Stadt, ein
Wahrzeichen der immerwährenden Vergänglichkeit und steter Neubildungen,
wie fie überall, selten aber in so herzerfreuender und ergreifender
Weise uns vor Augen treten. Rodenberg.
68. Der Straßburger Dom.
Je mehr ich die Fagade des Straßburger Domes betrachtete, desto
mehr bestärkte und entwickelte sich jener erste Eindruck, daß hier das
Erhabene mit dem Gefälligen in Bund getreten sei. Soll das Unge⸗
heure, wenn es uns als Masse entgegentritt, nicht erschrecken, soll es
nicht verwirren, wenn wir sein Einzelnes zu erforschen suchen, so muß
es eine unnatürliche, scheinbar unmögliche Verbindung eingehen, es
muß sich das Angenehme zugesellen. Da uns aber allein möglich wird,
den Eindruck des Muͤnsters auszusprechen, wenn wir uns jene beiden
unverträglichen Eigenschaften vereinigt denken, so sehen wir schon hieraus,
in welchem hohen Werth wir dieses alte Denkmal zu halten haben und
beginnen mit Ernst eine Darstellung, wie so widersprechende Elemente
sich friedlich durchdringen und verbinden konnten.
Vor allem widmen wir unsere Betrachtungen, ohne noch an die
Türme zu denken, allein der Fagade, die als ein aufrecht gestelltes,