Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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Sitzung verzehrt habe. Das Hirn des Straußes betrachtete man als 
die größte Leckerei und verschwendete unermeßliche Summen für einen 
derartigen Hochgenuß. So wurde nach dem Zeugnis des Lampridius, 
für den Heliogabal einstmals eine einzige Festschüssel mit einer Pastete 
aus dem Gehirn von 600 dieser Vögel gefüllt. Die Zahl der Tiere 
aber, die im Cirkus dem schaulustigen Volke preisgegeben worden, 
möchte kaum zu bemessen sein; ließ doch selbst ein Kaiser, wie Probus, 
an einem einzigen Tage deren tausend niedermetzeln. Weit höher als 
das Fleisch wird das Ei des Straußes geachtet. Es hat die Größe 
einer Kokosnuß, wiegt gegen drei Pfund und entspricht etwa dem Gehalt 
von 24 Hühnereiern, obgleich es diesen an Wohlgeschmack bedeutend 
nachsteht. Ihre Nahrhaftigkeit, früherhin vielleicht überschätzt, ist immer— 
hin sehr groß. Auch die Schale derselben hat ihrer fast „steinernen“ 
Härte und ihres elfenbeinartigen Glanzes halber ansehnlichen Wert. 
Mit Bambus oder leichtem Netzwerk überzogen, ist sie das einzige Ge— 
fäß der Buschmänner; aber auch der reisende Europäer bedient sich 
gern dieser natürlichen Flasche, die ein Propf aus Holz oder Gras 
hinreichend verschließt. Die Araber legen sie auch wohl als Weihge— 
schenk in den Kapellen der Marabuts nieder, während die christlichen 
Kopten sie in ihren Kirchen als ewige Lampen aufhängen und deshalb 
als Sinnbild der Wachsamkeit betrachten. 
Der gesuchteste Teil des Straußes sind bekanntlich die schönen weißen 
und schwarzen Schwingfedern. Je dünner der Kiel, je länger und wogender 
die Feder, um so teurer; für das Pfund der allerschönsten zahlt man 
auf dem Kap zwölf Guineen. Aus den schwarzen Federn verfertigen die 
Betschuanas schöne Schirme, welche entweder als Zeichen der Trauer, 
oder zum Schutz der Hautfarbe gegen die Sonne dienen. Es ist ein 
interessanter Anblick, sagt Harris, einen Wilden, dessen Haut etwas 
gröber ist als das Fell eines Rhinoceros, die aber hinsichtlich der Farbe 
mit einem gewichsten Stiefel wetteifern könnte, sein Angesicht durch den 
Gebrauch eines solchen Parasols sorgfältig vor jedem bräunenden Strahl 
behüten zu sehen. 
Der Strauß, ehedem über ganz Afrika verbreitet, findet sich 
jetzt vornehmlich in den öden, nur von Jägerstämmen durchkreuzten 
Kaͤrroodebenen und in den unermeßlichen Wüsten jenseits des Oranje— 
flusses. Dort lebt er meist in Trupps von sechs bis zehn; oft aber, 
zumal wenn Regen gefallen ist, sammeln sich Herden zu 100 bis 
200. Auffallender Weise gesellt sich der Strauß niemals anderen Vögeln 
zu; dagegen trifft man ihn sehr häufig im Geleit des Quagga, des 
Springbocks und des Gnu, gerade wie die amerikanische Rhea fast 
stets in Gemeinschaft mit den Herden der Guanakos erscheint. Wirk— 
lich zeigt auch der Strauß in vielfacher Beziehung fast mehr den Bau 
und die Natur eines Vierfüßers, als eines Vogels. Seine starken 
Oberschenkel, die massenhaften Muskeln, die das ganze Glied in Be— 
wegung setzen, seine hufähnlichen Klauen, die rauhe Stimme, die selbst
	        
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