Full text: Deutscher Frühling (Band 6 = Klasse 4, [Schülerband])

Einsamkeit, nach der märchenduftigen Welt und den romantischen 
Schauern aller Jugendträume! 
Waldnleister und frühlingsheiterer Drosselschlag im lichtgrünen 
Hag, schattiges Mooslager und duftige Beeren unter sommerlichem 
Blätterdach, und dann über dem weiten Forst, vom Schuß des Jägers 
und Hundegebell durchhallt, herbstliche Farbenpracht — das sind schöne, 
verlockende Bilder! Nicht minder einsames Wandern im frischen, grünen 
Wald bis dahin, wo der Rauch des Kohlenmeilers langsam über den 
Bäumen aufsteigt und uns an so manche Kindergeschichte erinnert, 
bis die plötzlich aus dein Dickicht tretende Gestalt eines Köhlers, eines 
Schützen uns an die Erscheinung Rübezahls oder des wilden Jägers 
gemahnt; Wandern, bis der Mond seinen Silberglanz durch die Blätter 
und Zweige auf das gluckernde Wasser des Waldbachs wirst, daß 
wir im leisen Wellengcmurmel den Sang der tanzenden Elfen zu ver¬ 
nehmen glauben — oder Wandern bis in das dichteste Laub- und 
Nadelgeheg, wo die Waldsee ungesehen ihre Fäden spinnt und schaurig¬ 
süße Sagen und Märchen in den Hag hineinflüstert, daß aus Farn- und 
Heidekraut, aus Moos und allen Stauden die sagenhaften kleinen Leute 
des Waldes, die Moosjungfern, Heidefrauen und Waldweibchen die 
Häupter recken, um dem geheimnisvollen Singen und Sagen zu lauschen. 
Ja, es ist schön im Walde! 
Der Wald ist der Erde treuestes Kind! Mo der Wald ihr ge¬ 
blieben, fehlt es ihr nicht an Frische, Blüte und nährender Kraft. Er 
ist nicht nur der Schmuck und Stolz der guten Mutter, deren Schoß 
er entstammt, sondern ihr Schirm und Schutz, ihr freundlicher Er¬ 
nährer. Mit seinem starken Körper wehrt er am Meere dem Vor¬ 
dringen des verzehrenden Dünensandes, mit seinen kräftigen Gliedern 
stemmt er sich im .Hochgebirge dem zerstörenden Bergrutsch entgegen und 
fängt mit tausend Armen die Lawinen auf, um sie mitten in ihrem 
verheerenden Lause zu hemmen, zu bannen. Mit seinen Fingern zieht 
er den tränkenden Schatz der eilenden Wolke herab, pocht an die 
vollen Wasserschläuche, bis sie reißen, sammelt ihren Inhalt und sendet 
ihn durch hundert Quellen und Bäche zur Labung der Lande hinaus; 
und unsere herrlichen Ströme, der Stolz unseres Vaterlandes, preisen 
vielleicht, im Wogenschwall des Meeres sich verlierend, noch den heimat¬ 
lichen Wald, wo sie als kleine Bergquellen, mit den Blumen spielend, 
jene Kraft sammelten, mit der sie, groß geworden, durch die Lande
	        
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