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drein, und hinein ging's in die französischen Regiinenter. Da
brachen ans einem Hinterhalte französische Kürassiere und Dragoner.
Es galt sich durchzuschlagen Der Leutnant geriet abseits, und
flugs waren etliche gewaltige Reiter an ihm. Er focht im Einzel¬
kampfe gegen sie, bald an ihnen vorbeijagend, bald um sich hauend.
Aber sein Arm wurde müde, sein Auge umdunkelte sich, er befahl
Gott seine Seele, — da, im Augenblick der höchsten Not, die Feinde
schon dicht hinter ihm, saust ein preußischer Reiter heran daß der
Erdboden dröhnt. Er sieht den Leutnant umringt, in Todesnot,
gibt dem Pferde die Sporen, setzt über den Graben und ist den
Reitern am Wainse. Den einen haut er herunter zur Rechten, den
andern zur Linken über das Gesicht, daß ihm das Sehen vergeht,
die andern machen Kehrt. Der Leutnant fühlt freie Luft hinter sich,
- wer mag der rettende Engel sein? Er bringt sein schäumendes
Roß zum Stehen, und hinter ihm hält — der dumme Rekrut,
sein Schmerzenskind, das freudestrahlend ihm entgegenruft: „Herr
Leutnant, hab' ich's nun recht gemacht?" Der Leutnant will eben
anheben zum Lobe, da pfeift es aus dem Gebüsch, unb den treuen
Westfalen trifft die Kugel durch den Helm mitten in die Stirn,
daß er lautlos vom Pferde sinkt. Weinend wirft sich der Leut¬
nant über den Gefallenen und ruft ihm in die Ohren: „Ja, ja,
treue Seele, das hast du recht gemacht!" Der hörte es freilich
nicht mehr, aber das Lob ist hinaufgegangen und hineingefallen
in die Wagschale des ewigen Richters, der die Treue auf Erden
ansieht.
Wenige Tage darauf, als die gewaltigen Siege errungen
waren, wurde der Leutnant mit seiner Schwadron zur Patrouille
abgeschickt. Sie reiten an einem Gehölz vorbei, es kracht hinter
den Bäumen, — Franktireurs sind's, die im Walde sich versteckt
haben. Der Leutnant sprengt mit geschwungenem Säbel heran in
das Gehölz, aber noch ehe er zum Streiche ausholen kann, sinkt er
tödlich getroffen vom Pferde. Wohl säubern die Kameraden das
Gehölz, und keiner der Feinde entrinnt. Als den eingigen Toten
von ihrer Seite bringen sie ihren Leutnant zurück.
So ruhen sie denn beide im kühlen Schoß in Frankreichs
Erde, sind im Frieden miteinander geschieden, sind einander noch
froh geworden in dieser Welt. Drüben in Westfalen weint das eine
Mutterherz und in der Mark das andere. Sie haben beide vom
scheiden ihrer Kinder gehört, ihre letzten Worte vernommen und
wissen: Sie sind nun droben beieinander — Leutnant und Rekrut,
und haben's beide recht gemacht — Rekrut und Leutnant!