Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

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gab, aber noch mehr, daß er sich mit so guter Laune darein gefunden 
und vor den kalten Tagen des Mai den Hut abgenommen hatte. 
Mit rührendem Anteil sammelte das Volk jede Lebensäußerung 
des Königs, in der eine menschliche Empfindung, die sein Bild ver¬ 
traulich machte, zutage kam. So einsam sein Haus und Garten war, 
unablässig schwebte die Phantasie seiner Preußen um den geweihten 
Raum. Wem es einmal glückte, in warmer Mondnacht in die Nähe 
des Schlosses zu kommen, der fand vielleicht offne Türen, ohne Wache, 
und er konnte in der Schlafstube den großen König auf seinem Feld¬ 
bett schlummern sehen. Der Duft der Blüten, das Nachtlied der Vögel, 
das stille Mondlicht waren die einzigen Wächter und fast der ganze 
Hofstaat des einsamen Mannes. 
Noch vierzehnmal seit der Erwerbung von Westpreußen blühten 
die Orangen von Sanssouci, da wurde die Natur Meisterin auch des 
großen Königs. Er starb allein, nur von seinen Dienern umgeben. 
Mit ehrgeizigem Sinn war er in der Blüte des Lebens ausgezogen, 
alle hohen und prächtigen Kränze des Lebens hatte er dem Schicksal 
abgerungen, der Fürst von Dichtern und Philosophen, der Geschicht¬ 
schreiber, der Feldherr. Kein Triumph, den er sich erkämpft, hatte 
ihn befriedigt. Zufällig, unsicher, nichtig war ihm aller Erdenruhm 
geworden; nur das Pflichtgefühl, das unablässig wirkende, eiserne, war 
ihm geblieben. Aus dem gefährlichen Wechsel von warmer Begeiste¬ 
rung und nüchterner Schärfe war seine Seele heraufgewachsen. Mit 
Willkür hatte er sich poetisch einzelne Menschen verklärt, die Menge 
die ihn umgab, verachtet. Aber in den Kämpfen seines Lebens ver¬ 
lor er den Egoismus, verlor er fast alles, was ihm persönlich lieb war, 
und er endigte damit, die einzelnen gering zu achten, während sich 
ihm das Bedürfnis, für das Ganze zu leben, immer stärker erhob. 
Mit der feinsten Selbstsucht hatte er das Größte für sich begehrt, und 
selbstlos gab er zuletzt sich selbst für das gemeine Wohl und das Glück 
der Kleinen. Als ein Idealist war er in das Leben getreten, auch 
durch die furchtbarsten Erfahrungen wurden ihm seine Ideale nicht zer¬ 
rissen, sondern veredelt, gehoben, geläutert; viele Menschen hatte er 
seinem Staat zum Opfer gebracht, niemand so sehr, wie sich selbst. 
Ungewöhnlich und groß erschien das seinen Zeitgenossen, größer 
uns, die wir die Spuren seiner Wirksamkeit in dem Charakter unsers 
Volks, unserm Staatsleben, unserer Kunst und Literatur bis zur Gegen¬ 
wart verfolgen.
	        
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