hat sich eine ganze Blumensprache erdacht. Da sind Vergißnichtmein,
Habmichlieb, Herzenstrost, Jelängerjelieber, Maßlieb; die Ungeduld
verwünscht das Kraut Wegwarten, und die Zurückweisung hat ihr Kraut
Schabab. Und welch eine Tiefe des Gemüts spricht sich in der reichen
Fülle der Liebeslieder aus! Durchsichtig bis auf den Grund, lassen
sie überall eine Handlung erkennen, ein Erlebnis, oder sie erzählen
wohl auch geradezu eine Geschichte, die ergreift und rührt. — Weh¬
mütig klingt es von Scheiden und Meiden, die Fremde ist weit und
die Zeit lang. „Der Stunden der sind also viel, mein Herz trägt
heimlichs Leid, wiewohl ich oft fröhlich bin." Das Leben verlangt
seine Rechte, seine Arbeit, seine Pflichten, ja oft ein heitres Gesicht,
„man sieht so manch fröhlich Gebärd' wohl aus betrübtem Herzen",
auch will der gesunde Sinn nicht entsagen, sondern mitleben. Jugend
hastet an ihrem Genuß und bleibt doch treu und ehrlich. Der eine
wagt es nur schüchtern und befangen, der Jungfrau sein Herz zu öffnen:
„Ich kam zu ihr getreten, wie manch Gesell mehr tut, ich wollt sie han
gebeten, ich bot ihr meinen Gruß; ich ward zu einem Stummen, vor
Scham da stund ich rot, bei allen meinen Tagen leid ich nicht größre
Not!" — Ein andrer singt, obgleich in der Fremde, sein jubelndes
Glücksgefühl: „Ich hab' einen Ring an meiner Hand, den gäb ich
nicht ums deutsche Land, er kommt von ihren Händen!" Und das
Mädchen daheim singt, obwohl betrübt, doch getrost: „Er zog mit meinem
Willen nicht hin, doch war sein Herz mein eigen, viel Gut's ich mich
zu ihm versah, treu Dienst will ich ihm erzeigen. Noch ist der Knab
so wohl gemut, für ihn nähm ich nicht Kaisers Gut! Vergiß mein
nicht in Treuen!" Und dann kommt nach Jahren das Wiedersehen
bei der Linde im Tal, wo beide einst schieden. Das Mädchen erkennt
in dem von der Sonne gebräunten, im Ernst der Erfahrung männ¬
licher gereiften Gesellen den Geliebten nicht wieder. Er prüft ihre Treue,
findet sie standhaft, und das alte Glück kehrt doppelt zurück.
Aber auch von Falschheit und Untreue, der die Welt voll ist, weiß
das Lied zu singen. Da wird Abschied genommen, um leichtfertig zu
vergessen, und mancher muß sich freiwillig von der Liebsten auf immer
scheiden. „Hatte mir zu Freuden ausgesät, ein andrer hat mir's ab¬
gemäht." Worauf er baute, war eitel Wahn, „ein kleiner Wind, der
mir's hinweht, ein Wettergießen führt alles dahin, schafft, daß ich
so traurig bin". — Unendlich rührend ergeht sich oft die Klage des
Getäuschten, oder des betrogenen Mädchens, dessen Herz bei dem Un-