Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

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Berlin recht geeignet zum Sammelpunkt der inneren Verkehrslinien 
der Mark. Aber seine Lage gewann eine weitergreifende Bedeutung, 
als der Große Kurfürst 1668 den Kanal zwischen Oder und Spree 
eröffnete. Damit ward Berlin der Mittelpunkt des Schiffahrtswegs 
Breslau-Hamburg, der längsten Wasserstraße, die damals in Nord¬ 
deutschland bestand. In ihrer heutigen Vollendung von Kosel bis Ham¬ 
burg 700 km lang, ist sie die große Verkehrsdiagonale des norddeutschen 
Tieflandes, die Mittellinie seines ganzen schiffbaren Wassernetzes. Dessen 
Ausbau vollendete Friedrich der Große durch die drei märkischen Ka¬ 
näle, die unter Ausnutzung aller drei in der westlichen Mark konver¬ 
gierenden Tnlzüge der Vorzeit die Verbindung Berlins mit Magde¬ 
burg, Hamburg, Stettin verkürzten, und durch den Bromberger Kanal 
zwischen Netze und Weichsel. Der Wirkungsbereich dieser Wasserstraßen 
griff an mehreren Stellen über die Grenzen des Staates hinaus. In 
viel gewaltigerem Maße aber taten dies, seit 1838 rasch sich mehrend 
und erweitend, die eisernen Arme der 15 Schienenwege, die das frei 
im Tiefland liegende Berlin zum Hauptzentrum des europäischen Binnen¬ 
verkehrs erhoben. Hier kreuzen sich jetzt die Weltwege Paris-Peters¬ 
burg, London-Odessa, Stockholm-Rom, und auch die größte kontinentale 
Bahn der Welt, welche die ganze alte Erdfeste von Lissabon über Mos¬ 
kau bis Wladiwostok durchzieht, hat in Berlin eine Hauptstation. Ins¬ 
besondere aber ist darauf Bedacht genommen, Berlin mit allen, auch 
den fernsten Lebenszentren des Reiches, besonders mit jedem wichtigen 
Seeplatz der deutschen Küsten in schnelle Verbindung zu bringen. Den 
vollen Wert erlangte dies Strahlenbündel nach Berlin zusammenschießen¬ 
der Linien erst, als nicht mehr jede in einem besonderen Bahnhof 
im Häusermeer Berlins ihr Ziel fand, sondern die 1877 vollendete 
Ringbahn in 36 km Länge die Stadt umspannte und durch ihr Inneres 
die Stadtbahn (12 km), eine Hochbahn auf langem Viadukt, den Lauf 
der Spree begleitete. 
Durch diese gewaltigen Verkehrsanlagen, im Verein mit den neuer¬ 
dings entsprechend den hoch gesteigerten Anforderungen verbesserten 
Wasserwegen, hat Berlin eine Entwicklung genommen, die niemand vor¬ 
ausahnen konnte. Intelligenz und Arbeitskraft haben die von Natur 
keineswegs glänzenden, aber entwicklungsfähigen Anlagen der Örtlich¬ 
keit ausgebildet, ihre Mängel so weit überwunden, daß der Fremde 
mit Überraschung hier nicht nur eine große imponierende, sondern auch 
eine schöne Stadt vorfindet.
	        
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