Deutsches Heldentum im Schützengraben. Unterseeboot-Angriff. 9
ist ohne Frage die stärkste Probe, die den Nerven der Menschheit seit Llr-
beginn der Geschichte zugemutet worden ist. Darin auszuharren, ohne wahn¬
sinnig zu werden, ohne in Entsetzen zu starren, ist viel, viel mehr als alle
Leonidastaten des Altertums! Die Granaten zerschmettern, wohin sie fallen,
nicht nur die Leiber, sie zerwühlen auch die Schutzwehren, sie ebnen allmäh¬
lich die Gräben so vollständig ein, daß sie einfach weg sind, daß die Ver¬
teidiger, die noch in dieser Wolke von Rauch, Feuer, Erdreich und Staub
am Leben sind, in diesem Hagel geradezu auf freiem Felde stehen. Aber sie
stehen! Betäubt von dem wahnwitzigen Gekrach, die Augen voll Grausen,
ihrer wirksamsten Waffe gegen den Sturm, der Maschinengewehre, zum
großen Teil beraubt, weil diese zerschossen oder verschüttet sind, der telepho¬
nischen Verbindung mit der rückwärtigen Truppe ebenfalls, weil die Drähte
zerrissen sind, erwarten sie dennoch den Augenblick, für den dieses ganze
Trommelfeuer die Vorbereitung ist, den Sturmlauf der gegnerischen Kolonnen.
Wahrlich, daß sie dazu noch Mut und Kraft finden, daß sie sogar noch die
Kraft finden, selbst mit Hurra vorzugehen, wie es geschehen ist, das ist kaum
faßbar!
5. Unterseeboot-Angriff.
Aus: Der Völkerkrieg. Band 2. Stuttgart, I. Hoffmann.
Am 11. Oktober 1914 brachte 17 26 den russischen Kreuzer Pallada
vor dem Finnischen Meerbusen zum Sinken. Ein Augenzeuge schildert den
Vorgang wie folgt: „Der Morgen dämmert in bleigrauem Lichte. Da — back-
bords erscheint ein schwebender, huschender Schatten, nach wenigen Minuten
kreuzt das Tauchboot einen grauen, kaum bemerkbaren Schaumstreifen, der
den eiligen Weg eines feindlichen Torpedojägers flüchtig bezeichnet. Die
erste Vorpostenlinie des Gegners ist durchbrochen. Nun: Achtung! Die
Pulse fliegen in Erregung. Das Signal ertönt, das Boot klar zum Tauchen
zu machen. Der Kommandoturm wird abgebaut, die Flagge geborgen, der
Mast umgelegt. Die obere Turmklappe wird geschloffen, das Periskop tritt
in seine Rechte. Rauschend strömt das Wasser in die Außenbordtanks ein:
das Schiff taucht unter den Meeresspiegel. Die Petroleummotore schweigen,
ein Elektromotor treibt die Schrauben an ...
Wer droben dem Feind ins Auge schauen, sich droben als Herr
fühlen könnte über die See! Das ist ein anderes Los; auch für den, der
noch mit seinem letzten Blick des Himmels Blau und den frischen Salzhauch
der See in sich trinken könnte. Dort stirbt sich's anders, als hier im Dunkel,
eingeengt zwischen Stahlwänden und rastlos sich drehenden und stampfenden
Stahlblöcken; hier unten, wo man nichts sieht, nichts hört von dem, was