Glaubens, des Glaubens, der in äußeren Dingen und Werken seinen
Frieden sieht und sucht. Es ist ein wunderbarer Zug des Mittelalters,
dieser Glaube, der „manchen Reichen zwingt, am Kloster sich arm zu
schenken und zugrunde zu bauen", der den Sünder von Ort zu Ort,
von Lande zu Lande treibt, um durch ein himmlisch Gnadenwunder
Erlösung seiner Sünden zu erlangen, der ihn treibt, nach „Rom, der
seligen Gottesstadt zu pilgern, um dort von hoher Wonne trunken
und von süßen Schmerzen matt ein Ziel seiner Sündenqual zu finden,
dieser Glaube, der manch' frommes Heer zum Heiligen Lande führte,
um das Grab des Erlösers den rohen Heidenhänden zu entreißen."
Diese Kraft und Macht des unfreien, halbfertigen mittelalterlichen
Glaubens bewirkt, daß bei aller Freude an der schönen Natur, an Wald
und Jagd ein eigener Zug durch jene Zeit geht, der den Menschen eine
geheimnisvolle Gewalt in der Natur erkennen läßt. Wer allzusehr von
ihrer Schönheit hingerissen wird, den trifft des Himmels Zorn als
Lohn, weil er an Teufelswerk sich allzusehr erfreut. Bei aller äußeren
Pracht, bei allem äußeren Glanze, der dem Mittelalter wie keiner
anderen Epoche eigen ist, zieht dennoch ein tiefer unergründlicher
Zwiespalt durch des Menschen Inneres, der ihn ausrufen läßt:
Was soll der eitle Schimmer!
Das beste Kleinod dieser Welt,
Das fehlet mir noch immer!
Dieses Kleinod, das manchen aus der Freude Kreis scheidet, um
in Klostermauern der armen Seele Frieden zu suchen, ist Christus, nach
dem des Menschen Herz im Mittelalter seufzt, daß er „des Busens
stete Fülle und als ewig Zugendblut, als ewige Flamme des frommen
Herzens Hüter werde", jener Dulder, der, wie es in dem Gesänge der
Nonnen heißt, mit göttlichem Erbarmen am Kreuz die Arme ausgespannt
und ausgerufen hat:
Kommt her, kommt her von allen Orten!
Ihr Toten sprengt des Grabes Pforten!
Ich nehm' euch auf mit offnem Arm.
Wir scheiden damit von jener Zeit und kehren zurück zur Gegenwart
und unserem Dichter, der nicht jenes Glaubens lebte, obwohl er ihn
besungen. Uhland hat nichts gemein mit jenen Männern der romantischen
Schule, die durch die Bilder aus einer schönen Zeit, die voll von Aber-
und Wunderglauben war, einen Damm aufstellen wollten gegen die