Full text: (Prosa) (Teil 7 - 9 in 1 Bande, [Schülerband])

konnten, das sind praktische Einrichtungen, an die wir uns erinnern 
sollten. Auch die feinste ästhetische Durchbildung müßte der Stuhl er¬ 
fahren, wenn er wieder ganz praktisch verwendet werden soll. Die meisten 
unsrer Stühle wirken, wenn sie benutzt werden, wie schlechtsitzende Kleider. 
Ebenso wie bei den Kleidern muß das Maß der Stühle bis auf Milli¬ 
meter durchprobiert und dem Bedürfnis des Körpers angepaßt werden. 
Ein guter Stuhl muß dem Sitzenden alle Bequemlichkeiten bieten und 
ihn dabei doch elegant erscheinen lassen. Es ist unmöglich, auf einem 
richtig, d. h., dem Bedürfnis gemäß konstruierten Stuhl schlecht zu sitzen. 
Von der Höhe des Sitzes ist auszugehen. Nach der Höhe wird 
die Tiefe des Sitzes bestimmt. Querleisten zwischen den Beinen sind 
überflüssig und unpraktisch. Es läßt sich nicht vermeiden, daß die Füße 
unter den Stuhl gezogen werden, dabei sind dann Querleisten, namentlich 
wenn sie zwischen den Vorderbeinen angebracht sind, sehr hinderlich. 
Wer Offiziere bei sich sieht, muß noch besonders darauf achten, weil die 
Sporen leicht mit Querleisten in Kollision kommen. 
Die Lehne bei Eßzimmerstühlen sollte möglichst niedrig sein, damit 
sie beim Servieren nicht hindert. Schließt die Lehne bei den Schultern 
an, so ist sie am besten gerade, damit die Schulterblätter beim Anlehnen 
eingedrückt werden und die Brust frei wird. Ein Stuhl, dessen Lehne 
im Bogen um die Schulterblätter geht, gibt Atembeklemmungen. 
Schließt die Lehne in der Höhe des Kreuzes oder doch unterhalb 
der Schulterblätter ab, so führt man sie besser im Bogen. Dieser Typus 
ist leider sehr vernachlässigt und gehört zu den gesündesten und bequemsten. 
Bei den eigentlichen Lehnstühlen mit schräger Rücklehne ist viel 
Probieren nötig. Man sollte sich seinen Lehnstuhl wie einen Nock an¬ 
messen lassen. Am bequemsten sind Lehnstühle mit verstellbarer 
Rückenlehne. 
Ein Hauptgewicht ist auch beim Lehnstuhl darauf zu legen, daß die 
Atmung erleichtert wird. Beim Polstern ist Rücksicht zu nehmen, daß 
der Kopf, wenn man sich anlehnt, nicht vorgedrängt wird, während der 
Rücken einsinkt; die leiseste Unbequemlichkeit in dieser Hinsicht wird mit 
der Zeit Qualen verursachen. 
Die Seitenlehnen können, je nach dem Zweck, von sehr mannig¬ 
faltiger Bildung sein. Wertlos sind sie, wenn sie so niedrig bleiben, 
daß der Unterarm sie beim Sitzen nicht erreicht. Zm allgemeinen ist es 
besser, sie ziemlich hoch zu führen, unter Umständen — namentlich beim 
Lehnstuhl — kann es bequem sein, sie fast bis zur Achselhöhle zu bringen.
	        
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