Full text: (Prosa) (Teil 7 - 9 in 1 Bande, [Schülerband])

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fassade mit Säulen und Gebälken wie ein Haus behandelte, erschien es 
der konstruktiven Empfindung furchtbar, daß eine Säule sich mit der 
Tür bewegte. Die Säulen wurden daraufhin festgelegt, die Türen 
sehten erst innerhalb an, konnten infolgedessen nur bis zum rechten Winkel 
geöffnet werden, und da blieb hinter ihnen ein toter Raum, der für die 
Benutzung sehr unbequem ist. Außerdem ist das Innere eines solchen 
Schrankes dunkel, wenn er im Seitenlicht steht, und läßt sich nicht 
ordentlich reinigen. Türen müssen einen vollen Halbkreis beschreiben 
können, dann erst läßt sich der Innenraum völlig ausnutzen und erhält 
Licht, wo der Schrank auch stehen mag. Will man die Säule nicht ent¬ 
behren, so lasse man sie sich mit der Tür bewegen, ohne sich Skrupel zu 
machen. Denn die Säule ist an der Schrankfassade nicht Konstruktion, 
sondern Ornament. Am besten ist's freilich, man läßt sie ganz weg. 
Es gibt Mittel genug, die Schrankfassade zu beleben. 
Bei Kleiderschränken ist daraus zu achten, daß die Riegel nicht zu 
hoch angebracht werden. Je niedriger, desto bequemer. Die vorteil¬ 
haftesten Vorrichtungen dürften Stangen sein, auf denen die „Schultern" 
und Strecker hin und her geschoben werden können. Ein Hutbort über 
den Riegeln ist sehr bequem. Er findet sich schon in den Hamburger 
Kleiderschränken vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Schubkasten 
am Boden werden am besten für das Fußzeug benutzt. 
Auch der Bücherbort hat unter der Säulenarchitektur sehr gelitten. 
Hinter den vorgelegten Säulen pflegt sich ein Teil der Bibliothek zu 
verkriechen. Sehr wichtig ist, daß die Vorrichtung zum Stellen der 
Bücherbretter nicht denselben Übelstand mit sich bringt. Rationelle Ab¬ 
hilfe gewähren mit Löchern versehene Messingschienen, die in die Wände 
eingelassen werden, so daß sie in derselben Ebne liegen. Eiserne oder 
messingne Zapfen, die in die Löcher passen und für die in den Brettern 
ein Lager ausgespart ist, machen das Verstellen sehr leicht und hindern 
die Ausnutzung des Raums nicht. 
44. Veranda, Balkon, Erker. 
Alfred Lichtwark. 
Unsere Vorväter scheinen die Laube am Haus, denn das ist die 
Veranda, nur für die städtische, nicht für die ländliche Architektur gekannt 
zu haben. Wie der Name andeutet, kam sie vom Auslande — wohl 
über England aus Indien — und das erst im 19. Jahrhundert.
	        
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