Ohr. Jensen, Das Wattenmeer und die Halligen.
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kleine Blumengärten sind hier und da einige Puls breit Erde übrig.
dehattige Bäume sieht man vur selten; ab und zu drängt sieh ein
verkrüppelter Baum, ein Holunder, ängstlich an die Mauer. Brenn-
materiai liefert diesen Insulanern ihre stiefmütterliche Heimat nieht;
den Tork holen sie sien wie das Mehl in Säcken; doch formen sie
den Döünger ihrer Viehställe und trocknen ihn an der Sonne, um
mit diesen sogenannten Ditten im VWinter ibre Ofen zu heizen.
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In frũherer Zeit war die Seefahrt der Hauptnahrungszweig dieser
Inselfrieson, so dass fast die ganze rüstige männliche Bevölkerung zur
See ging. Als der Walfischfang, welchen Holländer und Hamburger
im vorigen Jahrhundert in den nördlichen Polargewässern betrieben,
für die dabei beteiligten Halligleute nicht mehr einträglich var,
wurden sie Handelsschiffer, erwarben sich als die zuverlässigsten
ihres Faches einen wohlverdienten guten Ruf und nicht selten Reich-
tümer. Mit ihren Ersparnissen kehrten sie nach beendetem Schiffs-
dienst heim; ihre an Enthehrungen und Sturmfluten reiche und oft
mit dem Untergange bedrohte Heimatsinsel war ihnen dennoch die
„Heimat über alles“, wo sie sieh zur Ruhe setzten. die hatten die
Welt gesehen, und doch fühlten sie sich wohbl in ihrer Abgeschlossen-
heit, umrauscht und umbraust von ihrem Elemente. deitdem aber die
Segelschiffart abgenommen, hat sich manches verändert. Viele wan-
derten aus, um nicht wiederzukehren — im allgemeinen aber findet
man bei den Halligbewobnern doch noch die Liebe zur Heimat und
die Treue, an derselben festzuhalten, obwohl augenscheinlich die Heimat
selbst alimählich kleiner wird und so „die verlässt, die sie nicht
verlassen wollen“.
Die Viehzucht der Halligleute erstreekt siecn auf das Halten
von einigen Kühen und Scebafen, deren Zahl indessen durch die
Fluten beschränkt oder doch sehr beeinflussf wird. Das Meer
hietet Gelegenheit zum Fischfange, der denn auch betrieben vird,
hauptsächlich um den eigenen Bedarf an Fischen zu decken. Ihre
Produkte an Vien, Wolle, Butter, Käse, FPleisch, Fischen, Krebsen
pringen die Halligleute in Husum oder Wyk an den Markt, um da⸗
für die nötigen Lebensmittel einzutauschen. Die Wintervorräte be—
sorgen sie im Herbste, da sie im Winter oft tage- und wochenlang
vom Pestlande und von ihren Nachbarinseln abgeschnitten sind.
Freilich ist es schlimm, wenn jemand auf der Hallig krank wird.
Arzt und Apotheke fehlen. Da mulss die Ebbezeit abgewartet werden,
einen Boten nach dem Pestlande zu schicken, dass er Hilfe hole;
oft ist es ganz unmöglich, diese herbeizuschaffen.