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Geschichtliches aus neuerer Zeit.
sich der Knabe als verwegener Reiter aus. In seinem dreizehnten Jahre
wurde er Page bei dem Markgrafen von Schwedt, dem Schwager
Friedrichs des Großen. Der Markgraf, ein kühner Reiter, fand in dem
jungen Seydlitz einen treuen Schildknappen, der es ihm in kecken Reit—
künsten bald zuvorthat.
Die unbändigsten Pferde, selbst eingefangene Hirsche bestieg er. Er
machte die vor den Wagen gespannten Pferde absichtlich scheu, um sich
zu üben, während der schnellsten Fahrt von demselben herabzu—
springen, ritt im Galopp durch die sausenden Flügel einer Windmühle
und jagte über Gräben und Zäune. Übungen dieser Art machten den
jungen Edelmann zum gewandtesten Reiter und entwickelten in ihm
Geistesgegenwart und Todesverachtung in hohem Grade.
In seinem 21. Jahre zog er als lustiger Kornett in einem Kürassier—
Regimente jubelnd mit in den ersten schlesischen Krieg. Sein Oberst,
der ihn nicht leiden mochte, stellte ihn auf einen gefährlichen Posten;
er kam aber glücklich mit dem Leben davon. Nach dem Feldzuge er—
nannte ihn der König zum Rittmeister und übergab ihm eine Schwadron
weißer Husaren. Im zweiten schlesischen Kriege brachte er es infolge
seiner Tapferkeit bereits bis zum Oberst. Als er 1757 nach der Schlacht
bei Kolin mit vieler Umsicht und großer Besonnenheit den Rückzug
gedeckt hatte, wurde er noch an demselben Tage zum Generalmajor
befördert. Sein Meisterstück machte Seydlitz aber bei Roßbach. Hier
standen 38 Schwadronen Reiterei unter seinem Kommando. Als
Friedrich den Befehl zum Angriff gab, ritt er, die dampfende Tabaks—
pfeife im Munde, seinem Regimente voran. Plötzlich schleudert er den
ausgerauchten Pfeifenstummel hoch in die Luft: da fliegen die Schwerter
aus der Scheide, die Klingen blitzen, die Trompeten rufen zur Attacke.
Marsch! marsch! Im gestreckten Galopp stürzen sich die Reiter auf die
Franzosen und jagen sie in alle Winde.
Seydlitz erhielt den schwarzen Adlerorden und wurde in einem Alter
von 36 Jahren zum Generallieutenant ernannt.
Bei Zorndorf stand der größte Teil der Reiterei unter seinem
Befehl. Auch an diesem schrecklichen Tage verrichtete er Wunder der
Tapferkeit. Nach der Schlacht umarmte ihn der König öffentlich und
rief laut, daß es ringsumher gehört wurde: „Auch diesen Sieg haben
wir unserem Seydlitz zu verdanken!“
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Nach dem siebenjährigen Kriege hatte Seydlitz sein Standquartier
in Ohlau, und dieser Ort wurde die Pflanzschule der preußischen Reiterei.
Sein Regiment wurde das Vorbild aller anderen; er selbst gab sich
ganz der Ausbildung der Truppen hin. Von dem kleinsten Anfange