Uhland.
IV 138
Ich bestürmen ließ sein Ohr.
Schnell war ihm das Roß ge—
gürtet,
Und ich trug das Banner vor,
Jenem Todespfeil entgegen,
Der ihn traf vor Montforts Thor.
6. Blutend lag er mir im Arme;
Nicht der scharfe, kalte Stahl —
Daß er sterb in deinem Fluche,
Das war seines Sterbens Qual.
Strecken wollt er dir die Rechte
Über Meer, Gebirg und Thal,
Als er deine nicht erreichet,
Drückt er meine noch einmal.
7. Da, wie Autafort dort oben,
Ward gebrochen meine Kraft;
Nicht die ganze, nicht die halbe
Blieb mir: Saite nicht, noch
Schaft.
Leicht hast du den Arm gebunden,
Seit der Geist mir liegt in Haft;
Nur zu einem Trauerliede
Hat er sich noch aufgerafft.“
8. Und der König senkt die
Stirne:
„Meinen Sohn hast du verführt,
Hast der Tochter Herzverzaubert,
Hast auch meines nun gerührt.
Nimm die Hand, du Freund
des Toten,
Die verzeihend ihm gebührt!
Weg die Fesseln! deines Geistes
Hab ich einen Hauch verspürt.“
118. Der Waller (1829).
3. An dem Tage, da man feiert
Der Gepriesnen Himmelfahrt,
Wo der Sohn, den sie geboren,
Sich als Gott ihr offenbart,
Da in ihrem Heiligtume
Wirkt sie Wunder mancher Art,
Wo sie sonst im Bild nur wohnet,
Fühlt man ihre Gegenwart.
4. Bunte Kreuzesfahnen ziehen
Durch die Felder ihre Bahn,
Mit bemalten Wimpeln grüßet
Jedes Schiff und jeder Kahn,
Auf dem Felsenpfade klimmen
Waller, festlich angethan;
Eine volle Himmelsleiter,
Steigt der schroffe Berg hinan.
5. Doch den heitern Pilgern
folgen
1. Auf Galiziens Felsenstrande
Ragt ein heilger Gnadenort,
Wo die reine Gottesmutter
Spendet ihres Segens Hort.
Dem Verirrten in der Wildnis
Glänzt ein goldner Leitstern dort,
Dem Verstürmten auf dem Meere
Offnet sich ein stiller Port.
2. Rührt sich dort die Abend—
glocke,
Hallt es weit die Gegend nach,
In den Städten, in den Klöstern
Werden alle Glocken wach.
Und es schweigt die Meeres—
woge,
Die noch kaum sich tobend brach,
Und der Schiffer kniet am Ruder,
Bis er leis sein Ave sprach.