Full text: Gedichte und Prosa (Teil 4, [Abteilung 1 und 2])

Wilhelm J. 
IV] 139 
Wilhelm JL., deutscher Kaiser. 
37. Sedan. Brief an die Königin Augusta. 
722 
Vendresse, südlich Sedan, 3. September 1870. 
Du kennst nun durch meine drei Telegramme den ganzen 
Umfang des großen geschichtlichen Ereignisses, das sich zuge— 
tragen hat. Es ist wie ein Traum, selbst wenn man es Stunde 
für Stunde hat abrollen sehen! Wenn ich mir denke, daß nach 
einem großen, glücklichen Kriege ich während meiner Regierung 
nichts Ruhmreicheres mehr erwarten konnte und ich nun diesen 
weltgeschichtlichen Akt erfolgt sehe, so beuge ich mich vor Gott, 
der allein mich, mein Heer und meine Mitverbündeten aus— 
ersehen hat, das Geschehene zu vollbringen, und uns zu Werk— 
zeugen seines Willens bestellt hat. Nur in diesem Sinne vermag 
ich das Werk aufzufassen und in Demut Gottes Führung und 
seine Gnade zu preisen. 
Nun folge ein Bild der Schlacht und deren Folgen in 
gedrängter Kürze! Die Armee war am Abend des 31. und 
am 1. früh in den vorgeschriebenen Stellungen angelangt, rund 
um Sedan. Die Bayern hatten den linken Flügel bei Bazeilles 
an der Maas; daneben die Sachsen gegen Moncelle und Daigny, 
die Garde gegen Givonne noch im Anmarsch; das 5. und 11. 
Korps gegen St. Menges und Fleigneux. Da hier die Maas 
einen scharfen Bogen macht, so war von St. Menges bis Don— 
chery kein Korps aufgestellt, in diesem Orte aber Württem— 
berger, die zugleich den Rücken gegen Auefälle von Mezieres 
deckten; Kavallerie-Division Graf Stolberg in der Ebene von 
Donchery als rechter Flügel; in der Front gegen Sedan der 
Rest der Bayern. 
Der Kampf begann trotz dichten Nebels bei Bazeilles 
schon früh am Morgen, und es entspann sich nach und nach 
ein sehr heftiges Gefecht, wobei Haus für Haus genommen 
werden mußte, was fast den ganzen Tag dauerte, und in 
welches die Erfurter Division Schöler (aus der Reserve,
	        
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