Full text: [Obertertia, [Schülerband]] (Obertertia, [Schülerband])

\ZZZii 135 t^RRgi?Kgittai?tajRgi?tai? 
Die Außenwelt bildete gerade damals den geräuschvollsten Gegensatz 
zu der stillen Dichterzelle. Der Hof erwartete allerhöchste russische Gäste. 
Schon zu Anfang August wurden in Stuttgart, Hohenheim, Ludwigsburg, 
auf der Solitüde* die umfassendsten Vorbereitungen zu dem feierlichen 
Empfange des Großfürsten Paul und seiner Gemahlin gemacht, die eine s 
Nichte des Herzogs von Württemberg war. In der ersten Hälfte des 
September sollten die hohen Reisenden eintreffen. Schon einige Tage 
früher waren die meisten benachbarten Fürsten und eine außerordentliche 
.Menge Fremder vorangeeilt. Auffahrten von prachtvollen Wagen 
mit den seltensten Pferden stellten alles, was man anderswo an Prunk 10 
und Glanz entfalten konnte, in Schatten. Aber wahrhaft kaiserlich 
waren die Anstalten zu einem Jagdschauspiel. Sechstausend Hirsche 
waren in einen nahe bei der Solitüde liegenden Walde zusammengetrieben. 
Eine Menge Bauern, zwischen einer engen Kette von Wachtfeuern ver¬ 
teilt, verhinderten sie am Durchbrechen. Um das Vergnügen zu er- 15 
höhen, waren die edeln Tiere bestimmt, eine steile Anhöhe hinausgejagt 
und gezwungen zu werden, sich in einen See zu stürzen, in welchem sie, 
aus einem eigens dazu erbauten Lusthause, nach Bequemlichkeit erlegt 
werden konnten. 
Während diese Vorbereitungen getroffen wurden, rieten wohl-20 
meinende Freunde dem unglücklichen Dichter, den Herzog durch ein Lob¬ 
gedicht zu versöhnen. Bei seinem jetzigen Verhältnis wäre das eine 
Erbärmlichkeit gewesen. Er schlug es ab und schrieb, um das letzte zu 
versuchen, noch einmal an den Herzog. Der Brief ist vom 1. Sep¬ 
tember datiert*. Er bittet darin um die Erlaubnis, ferner literarische 25 
Schriften bekannt machen zu dürfen. „Eine innere Überzeugung," schreibt 
er, „daß mein Fürst und unumschränkter Herr zugleich auch mein Vater 
sei, gibt mir gegenwärtig die Stärke, Höchstdemselben einige unter¬ 
tänigste Vorstellungen zu machen, welche die Milderung des mir zu¬ 
gekommenen Befehles, nichts Literarisches mehr zu schreiben, oder mit 30 
Ausländern zu kommunizieren*, zur Absicht haben." Er gibt die beiden 
Gründe an, welche dem Herzog am faßlichsten und in der Tat auf¬ 
richtig waren: Vorteil und Auszeichnung. Herzog Karl hat diese Bitt¬ 
schrift niemals gelesen. Er verweigerte die Annahme und ließ dem 
Dichter bei Strafe des Arrestes verbieten, irgend ein Schreiben an ihn 35 
zu richten. 
Mittlerweile mehrte sich mit den Gästen das Geräusch. Unter 
allen Fremden, die ankamen, war für Schiller keiner von solchem 
Interesse wie — Herr von Dalberg. Wollte Dalberg ihm mündlich 
antworten? Wollte er jetzt, da der Herzog so zugänglich war, etwas 40
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.