Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters (Teil 1)

I. Die ersten Kämpfe der Germanen mit den Römern. 
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Die Nachricht von der Niederlage der römischen Waffen verbreitete 
in Rom den größten Schrecken, denn man fürchtete den Einbruch der 
Germanen in Italien. Diese begnügten sich indes mit der Einnahme 
von AUso. Zum warnenden Zeichen sandte aber Arminius das Haupt des 
Varus an Marbod, der sich der Erhebung gegen die Römer nicht hatte 
anschließen wollen. Marbod sandte es dem Kaiser Augustus. 
Als Tiberius im Jahre 14 den Thron bestiegen hatte, erhielt 
sein Neffe Germaniens die Provinz Gallien und unternahm ohne 
kaiserlichen Austrag und ohne Kriegserklärung mehrere Kriegszüge nach 
Deutschland, um für die Niederlage im Teutoburger Walde Rache zu 
nehmen. Hierbei befreite er den Cheruskerfürsten Segestes, der seine 
von Armin entführte Tochter Thusnelda wieder an sich gebracht hatte 
und deshalb von Armin belagert wurde. Dann erschien er mit der 
Flotte in der Ems, während gleichzeitig ein Landheer vom Rheine 
heranrückte. Glücklich gelangte er an den Ort der Varusschlacht, wo 
eine Totenfeier gehalten wurde. Aber bei der Rückkehr hatten die 
Römer durch Angriffe der Germanen schwer zu leiden. Bald darauf 
erschien Germanieus mit einem gewaltigen Heere von neuem im 
Felde und siegte zweimal, mußte aber trotzdem den Rückmarsch antreten. 
Da befahl Tiberius den Abbruch des Kampfes, weil man die Germanen 
ihrer inneren Zwietracht überlassen müsse. Nach seiner Heimkehr feierte 
Germanieus zu Rom einen Triumph, bei dem auch des Arminius 
Gemahlin Thusnelda dem Siegeswagen voranschreiten mußte. 
Marbod hatte allen diesen Kämpfen teilnahmlos zugeschaut. 
Jetzt aber wandte sich Arminius gegen ihn und besiegte ihn. Bald 
daraus wurde der Markomannenkönig sogar von einem geächteten 
Häuptling aus seinem Reiche vertrieben und floh nach Italien, wo 
ihm Tiberius seinen Aufenthalt in Ravenna-) anwies. 
Arminius hatte aus den Kämpfen mit den Römern die Lehre 
gezogen, daß die deutschen Stämme zu weitem, erfolgreichem Wider¬ 
stände einer festem Staatsverfassung bedürften, als sie bisher besessen 
hatten. Als er aber zunächst bei seinem eigenen Stamme, den Cherus¬ 
kern, das Königtum einführen wollte, wurde er von seinen Verwandten 
ermordet. Ihm gebührt das Verdienst, Deutschland vor einer 
Romanisierung bewahrt, das Deutschtum gerettet und den 
römischen Eroberungen in diesen Gegenden ein Halt geboten 
zu haben. 
4. Verfassung und Kultur der alte» Germanen. 
Die Germanen bildeten keinen einheitlichen Staat. Sie zerfielen 
in einzelne Stämme, die sich, wenn sie auch oft in Feindschaft gegen- 
1) Tiberius regierte von 14 — 37 n. Chr. Geb. 
2) Ravenna liegt südlich von der Pomündung, nicht weit von der Küste 
des adriatischen Meeres.
	        
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