Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

dem gelehrten Juristen, denn er liebte bereits die gefährliche Aufregung 
der Prozesse; aber er wälzte wohl auch ihnen gegenüber mit geheimem 
Stolz die Erinnerung an eine kupferne Ofenblase oder ein paar alte 
Scherben in sich herum, die er, gefüllt mit schweren Joachimstalern, 
im Milchkeller oder unter seinem Bett versteckt hatte. 
So lebte der Bauer in Mitteldeutschland noch nach dem Jahre 1618. 
Er hörte des Sonntags in der Schenke von wildem Kriegsgetümmel 
hinten in Böhmen, wo die Länder des Kaisers lagen, um den er sich 
wenig kümmerte. Er kaufte wohl von einem verschmitzten Händler ein 
fliegendes Blatt oder ein Spottlied auf den verlornen König von 
Böhmen; er gab einem zerschlagenen Flüchtling von Prag oder Budweis, 
der bettelnd an seine Tür kam, von seinem Brot und Käse und hörte 
dessen Schauergeschichten mit Kopfschütteln. Der Amtsbote brachte 
ein Schreiben des Landesherrn in das Dorf, aus dem er sah, daß 
auch ihm zugemutet wurde, für neugeworbene Soldaten Geld und Ge¬ 
treide nach der Stadt zu liefern, er ärgerte sich und eilte, seinen Schatz 
noch tiefer zu vergraben. Doch bald wurde ihm deutlich, daß eine 
schlechte Zeit auch gegen ihn heranziehe, denn das Geld, das er in der 
Stadt empfing, wurde sehr rot, und alle Waren wurden teurer; auch 
er wurde in die heillose Verwirrung hineingezogen, die seit 1620 durch 
das massenhafte Ausprägen wertlosen Geldes über das Land kam. Er 
behielt Getreide und Fleisch zu Hause und zog gar nicht mehr nach 
der Stadt. Aber er bekam doch Händel mit Städtern und seinen 
Nachbarn, weil er auch das neue Geld bei seinen Zahlungen loswerden 
wollte und nur gutes altes als Bezahlung annehmen. Sein Herz war 
voll böser Ahnungen. So ging es bis zum Jahre 1623. Da sah er 
das Unheil noch von andrer Seite heranziehen. Die Diebstähle und 
Einbrüche mehrten sich, fremdes Gesindel wurde oft auf den Land¬ 
straßen gesehen, Trompeter sprengten mit schlimmen Nachrichten nach 
den Städten, angeworbenes Kriegsvolk zog prahlerisch und frech vor 
seinen Hof, forderte Unterhalt, stahl Würste und nahm Hühner im 
Schnappsack mit. Defensioner, die neu errichtete Landmiliz, trabten in 
das Dorf, forderten wieder Zehrung, drängten sich zu ihm in Quartier 
und belästigten ihn mehr als die Spitzbuben, die sie von seinen Vieh¬ 
ställen abhalten sollten. 
Endlich begannen die Durchmärsche fremder Truppen, und die großen 
Leiden des Krieges senkten sich auf ihn. Fremdes Kriegsvolk von aben¬ 
teuerlichem Aussehen, durch Blut und Schlachten verwildert, marschierte
	        
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