Full text: Prosa (Teil 8, [Schülerband])

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Der beste Geograph der Welt, mit den besten Landkarten versehen, 
vermöchte sich nicht zurechtzufinden, ohne die Sternkunde zu Hilfe zu 
rufen und die genaueste Messung in Länge und Breite vorzunehmen. 
Der Seefahrer muß zu außerordentlich feinen Instrumenten die Zu¬ 
flucht nehmen, um mitten im Meere die Gegend zu erkennen, nach der 
er hinzusteuern hat. Er muß den Stand der Sonne mit dem Gange 
seiner sorgfältig gearbeiteten Schiffsuhr vergleichen und ist dennoch oft 
auf Meilen weit unsicher über den Ort, wo er sich augenblicklich befindet, 
und solch ein Tier durchzieht die Luft mit unglaublicher Schnelligkeit, 
durcheilt dies stürmische Meer hoch über den Wolken hin, die ihm 
sogar den Anblick der Erde entziehen, und irrt nicht und findet seinen 
Weg unmittelbar zu dem Dachgiebel, wo er vor einem halben Jahre 
gehaust hat! 
Hier waltet ein Instinkt ob, der um so unbegreiflicher ist, als er 
weder mit der Erhaltung, noch der Fortpflanzung, noch der Er¬ 
nährung des Tieres in einem unmittelbaren Zusammenhange steht; denn 
die Notwendigkeit, dasselbe Nest als sein alleiniges Eigentum sein ganzes 
Lebenlang zu bewohnen, wo auf dem Wege viele Tausende solcher Nester 
da sind, deutet auf einen Trieb des Eigentums hiu. Nur äußerst selten 
findet sich ein fremder Storch in einem fremden Neste ein und wahr¬ 
scheinlich nur, wenn sein eignes durch Unglück oder Mutwillen während 
seiner Abwesenheit zerstört worden ist; aber wenn der wirkliche Eigen¬ 
tümer dazu kommt, so entsteht ein Kampf zwischen den Störchen um 
den Besitz, der nur mit der Flucht oder dem Tode des Eindringlings 
oder dem Tode des Eigentümers endet. Man hat noch nie bemerkt, 
daß der rechtliche Eigentümer geflohen sei, wenn auch der Eindringling 
weit stärker war; lieber läßt er sich töten, ehe er sein Recht aufgibt. 
Der Eindringling dagegen hat das Gefühl des Rechts nicht und ergreift 
die Flucht, wenn er einen Besitzer findet, der ihn bewältigen kann. 
Wir können bei dieser Gelegenheit eine Eigentümlichkeit, die bei 
der Wandrung der Störche beobachtet worden ist, nicht unerwähnt 
lassen, obwohl diese noch völlig unerklärt ist und man keinen Begriff 
davon hat, was eigentlich da vorgeht. 
Wenn der Winter naht und die Störche sich zur Abreise anschicken, 
versammeln sich alle Störche der Gegend zu einem gemeinsamen Zuge 
und treffen mit andern gleichen Zügen bald zusammen, um die Reise 
gemeinschaftlich zu machen. Bevor aber der Zug ins Weite hinaus 
beginnt, läßt sich die Storchgesellschaft gemeinhin auf ein Feld nieder 
und schließt da einen großen Kreis, in dessen Mitte ein oder zwei 
Störche bleiben. Nach vielem Klappern mit den Schnäbeln fallen die
	        
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