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Pflegen und deren Zusammenhang mit den Beschäftigungen des Lebens,
dem Land- und Bergbau, dem Gewerbe und Handel, dem Fabriken- und
Manufakturenwesen darlegen sollte. Es war auf einem Ausfluge nach
Oranienburg, im März 1700, als dem Kurfürsten dieser Plan vorgelegt
wurde, und Friedrich, dessen Seele durch den Fortgang der Kronverhand-
lungen zu Wien mit stolzen Hoffnungen erfüllt war, zeigte sich um so
empfänglicher für einen Entwurf, durch dessen Ausführung er zu dem
Glanze der Königskrone den Ruhm eines Beschützers und Förderers der
Wissenschaften gewann. Leibniz wurde nach Berlin eingeladen und erklärte
sich bereit, das Präsidium der Akademie zu übernehmen. Am 11. Juli
1700 wurde der Stiftungsbrief erlassen, in welchem es als eine Aufgabe
der Akademie bezeichnet wird, daß „unter anderen nützlichen Studien" für
dasjenige, „was zur Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer anständigen
Reinigkeit, auch zur Ehre und Zier der deutschen Nation gereicht, absonderlich
milgesorgt werde, also daß es eine deutschgesinnte Sozietät der Szientien
sei, dabei auch die ganze deutsche und sonderlich Unserer Lande weltliche
und Kirchenhistorie nicht versäumt werden soll."
Der Tag nach der Stiftung wurde durch ein großes Hoffest in Lietzen-
burg verherrlicht, über welches Leibniz den folgenden Bericht nach Han¬
nover erstattete: „Man stellte einen Dorfjahrmarkt vor, wo die Buden
mit ihren Schildern standen, in denen Schinken, Würstchen usw. umsonst
verkauft wurden. Herr von Osten, welcher den Wunderdoktor machte,
hatte seine Lustigmacher und Marktschreier. Aber nichts war artiger als
sein Zauberkünstler; dies war der Kurprinz (Friedrich Wilhelm), welcher
in der Tat das Hokuspokusspielen gelernt hat. Die Frau Kurfürstin
war die Doktorin. Bei Eröffnung des Theaters erschien der Doktor, auf
einer Art von Elefanten reitend; auch die Frau Doktorin zeigte sich in
einer Sänfte, von Türken getragen. Der Zauberkünstler, die Spaßmacher,
Springer und der Zahnbrecher folgten, und als das ganze Gefolge des
Doktors vorüber war, wurde ein kleines Ballett von jungen Zigeunerinnen
durch Hofdamen aufgeführt. Man sah auch einen Astrologen mit dem
Teleskop in der Hand auftreten; diesen sollte ich vorstellen, aber Graf
Wittgenstein war so mitleidig gewesen, mich dessen zu entheben. Er weis¬
sagte dem Kurfürsten ein glückliches Schicksal. Die Gräfin von Hohen-
zollern als Zigeunerfürstin unternahm es, der Kurfürstin in der ange¬
nehmsten Weise der Welt die Zukunft vorherzusagen in sehr artigen deutschen
Versen, die von Herrn von Besser gefertigt waren. Endlich stieg der
Kurfürst selbst in der Tracht eines holländischen Matrosen aus einer Loge
herab und machte hier und da Einkäufe in den Marktbuden." —
In ihren letzten Lebensjahren zog sich die Königin mehr und mehr
aus dem geräuschvollen Leben des Berliner Hofes in die Einsamkeit ihrer
Gärten in Lietzenburg zurück. Am 12. Januar 1705 machte sie eine Reise
zu ihrer Mutter nach Hannover. Unterwegs befiel sie ein Halsübel; krank
Porger-Lemp. Lesebuch. VII. 10