Full text: [Siebenter Teil = 3. Klasse, [Schülerband]] (Siebenter Teil = 3. Klasse, [Schülerband])

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Dingen in kleine Tempel, in denen irgendeine köstliche Wurst als Wurst¬ 
gottheit, als mythische Göttin Salami, verehrt zu werden scheint. Wie in 
den Totenkapellen die Wände mit Schädeln und Menschengebein überkleidet 
sind, so macht der Pizzicarolo seinen Laden zu einer graziösen Wurstkapelle. 
Symmetrisch aufgeschichtete Käse bilden etwa die eine Wand, die andere 
wieder mächtige Speckseiten, die weißen Kanten, welche mit Arabesken von 
Gold- und Silberpapierstreifen überkleidet sind, zierlich herauskehrend. An 
der Decke hängen zahllose Wurstzieraten, und einzelne Würste schweben 
hier phantastisch unter bunten Blumen, Lorbeer- und Myrtenzweigen, nicht 
minder anmutig als die schwebenden Bacchantinnen auf pompejanischen 
Wandgemälden. Es sind ohne Zweifel höchst geschmackvolle Wurstfresken. 
In der Mittelwand wölbt sich eine mysteriöse Grotte, und darin dreht sich 
zwischen Schinken und Würsten ein Tempelchen mit — der Passion Christi, 
das alle bezüglichen Figuren und Figürchen aufs beste sehen läßt. Überall 
flimmern Ampeln und Lichter, und von Freude, Stolz und Fett strahlend, 
steht der kunstreiche Wurstbildner hinter seiner Fleischbank und scheint der 
hereindringenden Menge die großen Worte zuzurufen: „Auch ich bin 
ein Künstler!" 
Marionettentheater. 
Die Piazza Montanara, zwischen dem Tarpejischen Felsen und dem 
Tiber gelegen, ist einer der Sammelplätze des römischen Volkslebens, 
namentlich für die untersten Schichten und das Landvolk. Alles sieht hier 
erbärmlich und unsauber aus; was hier feilgeboten wird, läßt sich mit 
Kupfermünzen bezahlen. Wer wird jene zahllosen Zigarrenstummel kaufen, 
welche die Jungen von den Straßen aufgelesen haben, und die nun in 
hölzernen Kisten zum Verkauf ausliegen? Der arme Mann und der 
Arbeiter aus der Campagna kauft sie für seine Pfeife oder als Kautabak. 
Es fehlt auch nicht der Straßenschreiber, welcher an der Ecke jenes Hauses 
hinter seinem Tische sitzt, Papier und Feder vor sich und das großmächtige 
Tintenfaß, aus welchem er mit derselben Geläufigkeit Liebesbriefe, Droh¬ 
briefe, Beschwerden und Bittgesuche aufzusetzen weiß. In dieser Gegend 
hat das Marionettentheater sein passendes Lokal gewählt; es findet sein 
Publikum an den Straßenjungen, an den Bettlern, Arbeitern und Hand¬ 
langern, die sich abends auch ergötzen wollen. 
Das schmutzige alte Haus steht in einem Winkel, welchen eine Lampe 
erhellt, wenn der Mond nicht hineinscheint. Wir können dreierlei Plätze 
haben: im Paradiese für zwei Bajocchi, im Parterre für einen Bajocco 
und auf dem Balkon für drei Bajocchi. Da wir vermögende Leute sind, 
bezahlen wir den besten Platz. 
Nachdem nun das Billett gelöst ist, gilt es, sich ins Haus zu schieben. 
Dies ist aber kein geringes Unternehmen, denn die enge Treppe ist von 
Jungen vollgepfropft, von denen jeder der erste sein will, und ein ohren¬
	        
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