einer silbernen Medaille patentierte Glanzwichse, welche gar keine schäd¬
lichen Beimischungen enthält, sondern jedes beliebige Leder nicht allein
im höchsten Grade geschmeidig, sondern auch in einer ganz wunderbaren
und unglaublichen Weise dauerhaft macht.
Sehen wir also einer solchen Vorstellung des Grasso Lueido unter
dem Obelisk vor dem Pantheon zu! Dort stehen neben einem Tische,
welcher mit blechernen Wichsbüchsen überladen ist, zwei Männer und reden
stundenlang in nie endendem Redefluß über die Vortrefflichkeit des Grasso
Lucido. Sollte man dem größten Philosophen die Aufgabe stellen, etwas
zum Lobe der Glanzwichse zu sagen, so würde er in ein paar Sätzen da¬
mit zu Ende sein; aber dieser Mann dort, in schmierigem Rock und langer
Samtweste, welche beide gleichsam mit Glanzwichse überzogen sind, spricht
über die Materie des Grasso Lueido ohne Aufhören mehrere Stunden fort,
immer zur Sache und immer mit ganz neuen Beweisgründen und genialen
Ansichten von dem, was eigentlich der Grasso Lueido sei, und was er für
ein Verhältnis zur menschlichen Gesellschaft, zur Kultur, zur Witterung,
zur Sonne und zu den Sternen habe, und welches sein Einfluß auf das
menschliche Gemüt sei.
In der ersten halben Stunde fallen dem Zuhörer die Schuppen von
den Augen, er wird von der Vortrefflichkeit des Grasso Lueido beinahe
überzeugt; allmählich aber beginnt er die Einzigkeit und ungeheuere Wichtig¬
keit des Grasso Lueido zu begreifen und gerät in Verwunderung, wie er
bisher ohne ihn nur habe existieren können. Immerfort aber spricht der
Redner vor dem Pantheon. Kein athenischer Philosoph sprach je schöner
über die Gerechtigkeit, als dieser Mann über den Grasso Lueido. Er nennt
sich auch bereits Professor und wahrscheinlich auch Mitglied mehrerer ge¬
lehrten Akademien und seinen Kollegen desgleichen, „denn," sagt er, „seht
diesen Professor, er hat elf Bände über den Grasso Lueido geschrieben."
„Nicht wahr, Professor, hast du es nicht in deinem zehnten Bande aus¬
einandergesetzt, daß dieser echte, in ganz Europa einzige Grasso Lueido
eine so wunderbare Eigenschaft habe, daß er selbst das härteste Ochsenleder
durchdringt und so weich macht wie ein Stück Samt?" Der Professor
bejaht es, daß er dies im neunten Bande von dem Grasso Lueido geschrieben
habe, und ergießt sich nun, da der andere heiser geworden ist, seinerseits
in das Lob dieses erstaunlichen Produkts. „Man hat behauptet," sagt
er, „daß in diesem Grasso Lueido vernichtende Säuren enthalten seien —
ich frage euch nun: Kann ein lebendiger Mensch Vitriol verschlucken?
Glaubt ihr wirklich, daß es einen Mann gebe, der sich mit Schwefelsäure
den Magen anfüllen könne? Seht her, ich will euch den Beweis liefern,
denn ich will vor euren Augen diesen Grasso Lueido essen, und er wird
mir weder den Tod geben noch Übelkeit zuziehen, vielmehr so gut schmecken,
als wäre er die süßeste Polenta." Hierauf verschlingt der Professor vor
aller Augen eine ziemliche Quantität von Grasso Lueido, die Zuhörer