Full text: [Siebenter Teil = 3. Klasse, [Schülerband]] (Siebenter Teil = 3. Klasse, [Schülerband])

220 
geeigneten Zeiten als Wildbach tobt. Das Wasser stürzt hinweg; der 
Boden dorrt aus in der warmen Zeit, und das lebendige Grün ver¬ 
schwindet. Es bleiben noch die Salpetermonaden, die den Felsen heimlich 
zernagen, den das Wasser als Sand und Kies zu Tal befördert. 
Ein einzelner Baum mag gefällt werden, man vermißt ihn nicht und 
darf ihn auch nicht verantwortlich machen; aber die Massenabholzungen, 
die bringen Schaden. Innerhalb von zehn Jahren hat das einzige Depar¬ 
tement Basses Alpes 25 000 ha Kulturland verloren, und im Departement 
Ardèche sind gleichfalls infolge sinnloser Baumfällung 28000 ha guten 
Bodens mit Sand und Kies überschwemmt worden. Wir brauchen uns jedoch 
weder nach Frankreich noch nach Spanien, dem Orient oder Nordamerika 
zu bemühen, um die bedauerlichen Folgen des Massenforstfrevels zu ge¬ 
wahren: schon in Tirol und der Schweiz ist der Zusammenhang zwischen 
schweren Wasserheimsuchungen und der Abholzung deutlich Zutage getreten. 
Man gibt den Italienern, Spaniern, Griechen, Syriern den guten 
Rat, die waldentblößten Berge wieder aufzuforsten und durch den neuen 
Wald die Gewässer zu halten und zu zähmen. Die Idee ist ausgezeichnet, 
aber weder dem Volke noch den Ziegen begreiflich zu machen. Das Volk 
treibt seine Ziegen ins Gebirge, damit das Tier, das die Familie ernähren 
hilft, seine kärgliche Nahrung finde, und die Ziege frißt alles, was sie 
vorfindet, mit Vorliebe jedoch schmackhafte junge Anpflanzungen. Und 
wenn die Schonungen auch eingefriedigt wären, welches Land hat genug 
Gendarmen, jeden Pferch, jeden Hirten, jedes Zicklein zu bewachen? Und 
welche Staatskasse wäre so voller Gold, daß sie die Einfriedigungen 
junger Anpflanzungen bestreiten könnte, wie sie etwa die Sierra Nevada 
erforderte oder der Libanon? Darum bleibt die Aufforstung sorglos ent¬ 
waldeter Berge in den Ländern, die ihrer am meisten bedürfen, vorläufig 
ein unerfüllbarer Wunsch. 
Auch bei uns geht in den Wildwassern viel verloren. Sie zerstören 
und können doch bauen, wenn sie gemeistert werden. Gestautes Wasser 
ist gesammelte Kraft, und da wir jetzund der Kraft die Form geben, die 
uns beliebt, und sie leicht verteilen können, indem wir sie in Elektrizität 
verwandeln, so wird das Ansammeln des Wassers zur nationalökonomischen 
Pflicht. Man macht aus Tälern, aus den Becken, die das Wasser sich 
selber wühlte, durch das Vorschlagen eines Dammes große Sammelteiche, 
deren Vorrat, durch Turbinen geleitet, seine Gewalt fein säuberlich in 
Elektrizität umsetzt, die weitergeleitet, noch williger arbeitet als die Dampf¬ 
kraft und viel mehr Kunststücke zu machen versteht als diese. 
Einst wird kommen der Tag, an dem die Kohlenvorräte unserer 
Gegenden aufgeschürft sind, und dann bleibt nur der Anschluß an die 
Sonne: sei es durch Vermittlung des Windes oder des Wassers. Was 
beide an Kraft zu entwickeln vermögen, das haben sie von der Sonne, 
die das Wasser hebt und die Luftströmungen hervorruft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.