Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

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nach Zonen geordnet, je nachdem die Wärme der Atmosphäre mit 
der Höhe der Lage abnimmt. Unter dem Piton fangen Lichenen an, 
die verschlackten und ans der Oberfläche glänzenden Laven zu bedecken; 
eine Veilchenart (Viola cheiranthifolia) erhebt sich ans dem Abhang 
5. des Vulcans bis auf 1740 Toisen Höhe; sie steigt nicht nur höher 
als die andern krautartigen Pflanzen, sondern auch als die Gräser, 
welche auf den Alpen und auf dem Rücken der Cordilleren unmit¬ 
telbar die kryptogamischen Pflanzen berühren. Büschel von Retama, 
mit Blumen beladen, zieren die kleinen Thäler, welche die Verg¬ 
ib. ströme gegraben haben, und die durch die Wirkung der Seiten-Aus- 
brüche verschlossen sind; unter der Retama kommt die Region der 
Farrenkräuter, bekränzt durch die der baumartigen Heiden. Wälder 
von Lorbeern, von Rhamnus und von Erdbeerbäumen trennen die 
Heiden von den mit Reben und Frnchtbäumen bepflanzten Abhängen. 
15. Ein reicher Teppich von Grün erstreckt sich von der Ebene der Psrie- 
men und von der Zone der Alpenpflanzen bis zu den Gruppen von 
Datteln und Musa, deren Fuß der Ocean zu bespülen scheint. 
Die scheinbare Nähe, in welcher man von dem Gipfel des 
Pics die Dörfer, die Weinberge und die Gärten der Küste sieht, 
20. wird durch die außerordentliche Durchsichtigkeit der Atmosphäre ver¬ 
mehrt. Trotz der großen Entfernung unterschieden wir nicht nur 
die Häuser, das Segelwerk der Schiffe und die Stämme der Bäume, 
wir sahen auch in sehr lebhaften Farben die reiche Vegetation der 
Ebenen prangen. Diese Erscheinungen sind nicht bloß Folge der 
25. Höhe der Gegend; sie beweisen besondere Modificationen der Luft 
in den warmen Klimaten. In allen Zonen erscheint ein Gegenstand, 
welcher sich an der Oberfläche des Meeres befindet und sein Licht 
in horizontaler Richtung ausstrahlt, weniger hell, als wenn man 
ihn von der Spitze eines Berges sieht, wie die Dünste durch Luft- 
30. schichten von abnehmender Dichtigkeit ankommen. Eben so auffal¬ 
lende Unterschiede werden durch den Einfluß der Klimate hervorge¬ 
bracht; die Oberfläche eines Sees, oder eines breiten Flusses glänzt 
weniger, wenn man sie bei gleicher Entfernung vor: dem Gipfel 
der hohen Schweizer-Alpen, als wenn man sie von dem hohen 
35. Gipfel der Cordilleren von Peru oder von Mexiko sieht. Je reiner 
und heiterer die Luft ist, desto vollkommener ist die Auflösung der 
Dünste, uni) desto weniger wird das Licht bei seinem Durchgänge 
geschwächt. Wenn man von der Seite der Südsee aus der Ge- 
birgs-Platte von Quito oder von Antisana ankommt, so ist man 
40. die ersten Tage über die Nähe betreten, in welcher man auf sieben 
und acht Meilen entfernte Gegenstände zu sehen glaubt. Der Pic 
von Teyde hat nicht den Vortheil, unter den Tropen gelegen zu 
sein, aber die Trockenheit der Luftsäulen, welche sich beständig über 
die benachbarten Ebenen Asrika's erheben, und welche die Ostwinde 
45. mit Geschwindigkeit herbeiführen, gibt der Atmosphäre der canarischen 
Inseln eine Durchsichtigkeit, die nicht nur die Luft von Neapel und 
Sicilien, sondern vielleicht selbst die Reinheit des Himmels von 
Quito und von Peru übertrifft. Diese Durchsichtigkeit kann als eine 
der Hauptursachen der Schönheit des Landes unter der heißen Zone
	        
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