Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

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wohl geschwind nnd heftig ist, doch macht sie etliche meiner Bücher 
unschädlich, wiewohl sie dieselben durch ein ungeheuer widernatür¬ 
lich Urtheil verdammet. In den andern greife er das Papstthum 
und der Papisten Lehre an, die mit ihrer falschen Lehre und bösem 
5. Exempel die Christenheit an Leib und Seele verwüstet hätten. Denn 
niemand, sagte er, kann verneinen und dissimuliren, weil es die 
Erfahrung zeuget und alle frommen Herzen darüber klagen, daß 
durch des Papstes Gesetz und Menschenlehre der Christglänbigen 
Gewissen auf's allergräulichste und jämmerlichste verstrickt, beschwert 
10. und gemartert sind, auch die Güter, Gründe und Possession, vor¬ 
nehmlich in dieser hochberühmten deutschen Nation, mit unglaublicher 
Tyrannei erschöpft und verschlungen sind und noch heutiges Tages 
ohne Aufhören unziemlicher Weise verschlungen werden. Auch diese 
Bücher könne er nicht widerrufen, weil er dadurch ihre Tyrannei 
15. und Bosheit stärken würde. O! welch ein großer Schanddeckel 
allerlei Schalkheit und Tyrannei, lieber Gott, würde ich alsdann 
werden, rief er aus. Die dritte Art seiner Bücher gehe wider einige 
Privatpersonen, die sich unterstanden, römische Tyrannei zu ver¬ 
theidigen und die gottselige Lehre, so er gelehret, zu fälschen und 
20. zu unterdrücken, darinnen er sich auch wohl zuweilen heftiger er¬ 
wiesen, als es ihm seines Amtes gezieme, dieselbigen könne er aber 
auch nicht widerrufen, damit er nicht Ursache gebe, forthin allerlei 
gottlos Wesen zu vertheidigen und neue Gräuel und Wüthen anzu¬ 
richten. Doch, fuhr er fort, weil ich ein Mensch bin und nicht 
25. Gott, kann ich meinen Büchlein nicht anders helfen, noch sie ver¬ 
theidigen, denn mein Herr und Heiland seiner Lehre gethan hat, 
welcher, da er, vor dem Hohenpriester Hannas um seine Lehre ge- 
fraget, von des Hohenpriesters Knecht einen Backenstreich empfangen 
hatte, sprach: Hab' ich übel geredt, so beweise es, daß es böse sei. 
30. Hat nun der Herr, welcher wußte, daß er nicht konnte irren, sich 
nicht geweigert, Zeugniß wider seine Lehre zu hören, auch von 
einem geringen, schnöden Knecht, wie viel mehr ich, der Erd' und 
Asche ist, und leichtlich irren kann, soll begehren und warten, ob 
jemand Zeugniß gegen meine Lehre geben wolle; darum bitt' ich 
35. durch die Barmherzigkeit Gottes, Ew. Kaiserl. Maj. Kur- und 
Fürstliche Gnaden, oder wer es thun kann, er sei hohes oder nied¬ 
riges Standes, wolle Zeugniß geben, mich mit prophetischen und 
apostolischen Schriften überweisen, daß ich geirret habe; so ich deß 
überzeugt werde, will ich ganz willig und bereit sein allen Irrthum 
40. zu widerrufen und der erste sein, der meine Büchlein ins Feuer 
werfen will. Aus diesem halte ich, erscheine klärlich und öffentlich, 
daß ich genugsanl bedacht und erwogen habe die Noth und Gefahr, 
das Wesen und die Zwietracht, so durch Verursachung meiner 
Lehre soll erwecket sein, davon ich gestern hart und stark bin erin- 
45. nert worden. 
Dieses und noch mehr anderes sprach Luther deutsch, aber 
man wußte, der Kaiser verstand besser spanisch als deutsch, mochte 
auch die deutsche Sprache nicht leiden, also (erzählet Luther selbst in 
einer Relation) dieweil ich so redete, begehrten sie von mir, ich sollte
	        
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