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IV. Die Dichtung im Zeitalter der Reformation.
O
„Wirt! haben wir nichts zu eßen?
Es kommen drei wägen, seind wol be¬
laden,
Von Frankfurt auß der messen."
6. Der Wirt der sprach dem beurlein zu:
„Ja, wein und brot hab ich gnug,
Im stall da sten drei rosse,
Die seind des edlen Lindenschmid,
Er nert sich auf freier straßen."
7. Das beurlein dacht in seinem mut:
Die fach wird noch werden gut,
Den feind hab ich vernommen;
Wie bald er Junker Casper schreib,
Daß er solt eilends kommen!
8. Der Lindenschmid, der het einen son,
Der solt den rossen das futter tun,
Den hadern tet er schwingen:
„Stet uf, herzliebster datier mein!
Ich hör die hämisch klingen."
9. Der Lindenschmid lag hindern: tisch
und schlief,
Sein son, der tet so manchen rief,
Der schlaf hat in bezwungen.
„Sie auf, herzliebster datier mein!
Dein Verräter ist schon kommen."
10. Junker Casper zu der stuben ein trat,
Der Lindenschmid von Herzen ser erschrack.
5. Der arme i
1. Ich kam für einer fraw Wirtin Haus,
Man fragt mich, wer ich wäre?
„Ich bin ein armer schwartenhals,
Ich eß und trink so geme."
2. Man fürt mich in die stuben ein,
Da bot man mir zu trinken,
Mein äugen ließ ich umbher gan,
Den becher ließ ich sinken.
3. Man setzt mich oben an den tisch,
Als ich ein kaufherr wäre,
Und do es an ein zalen gieng,
Mein seckel stund mir läre.
4. Do ich zu nachts wolt schlafen gan,
Man wis mich in die scheure,
Do wart mir armen schwartenhals
Mein lachen vil zu teure.
„Lindenschmid, gib dich gefangen!
Zu Baden an den galgen hoch,
Daran so soltu hangen."
11. Der Lindenschmid der war ein
freier reutersman,
Wie bald er zu der klingen sprang:
„Wir wöllen erst ritterlich fechten!"
Es waren der bluthund also vil,
Sie schlugen in zu der erden.
12. „Kan und mag es dann nit anders
gesein,
So bitt ich umb den liebsten sone mein,
Auch umb meinen reutersjungen,
Und haben sie iemands leid getan,
Darzu hab ich sie gezwungen."
13. Junker Casper, der sprach nein
darzu:
„Das kalb muß entgelten der ku,
Er sol dir nicht gelingen,
Zu Baden in der werden statt
Muß im sein Haupt abspringen."
14. Sie wurden alle drei gen Baden
gebracht,
Sie saßen nit lenger denn eine nacht;
Wol zu der selbigen stunde,
Da ward der Lindenschmid gericht,
Sein son und der reutersjunge, ja junge.
chwartenhals.
5. Und do ich in die scheure kam,
Do hub ich an zu nisten,
Do stachen mich die hagendom,
Darzu die rauhen distel.
6. Do ich zu morgens frü auf stund,
Der reif lag auf dem dache,
Do must ich armer schwartenhals
Meins Unglücks selber lachen.
7. Ich nam mein schwert wol in die
Und gürt es an die seiten, shand
Ich armer must zu süßen gan,
Das macht, ich het nicht zreiten.
8. Ich hub mich auf und gieng darvon
Und macht mich auf die straßen,
Mir kam eins reichen kaufmans son,
Sein tesch must er mir laßen.