o
Parzival.
43
O sprich, mein Sohn! Du weißt darum? —
Vier Männer sah ich, Mutter mein:
Gott selbst hat nicht so lichten Schein;
Die sagten mir von Ritterschaft.
Artus in seiner Königskraft
Verleiht die Rittersehren,
Soll sie auch mir gewähren. —
Da ging ein neuer Jammer an.
Sie wußte keinen Rat und sann:
Was sollte sie erdenken,
Sein Trachten abzulenken?
Das einzige, was er begehrt
Und immer wieder, ist ein Pferd.
Sie dacht' in Herzensklagen:
Ich will's ihm nicht versagen;
Doch soll es ein gar schlechtes sein,
Da doch die Menschen insgemein
Schnell bereit zum Spotte sind,
Und Narrenkleider soll mein Kind
An seinem lichten Leibe tragen:
Wird er gerauft dann und geschlagen,
So kehrt er mir wohl bald zurück. —
Aus Sacktuch schnitt aus einem Stück
Sie Hos' und Hemd; das hüllt ihn ein
Bis mitten auf [ein blankes Bein,
Mit einer Gugel obendran.
Zwei Bauernstiefel wurden dann
Aus rauher Kalbshaut ihm gemacht.
Sie bat ihn: Bleib noch diese Nacht!
Du sollst dich nicht von hinnen kehren,
Eh du vernahmst der Mutter Lehren:
Ziehst pfadlos du durch Wald und Heiden,
Sollst du die dunkeln Furten meiden;
Sind sie aber seicht und rein,
So reite nur getrost hinein.
Du mußt mit Anstand dich betragen
Und niemand deinen Gruß versagen.
Wenn dich ein grauer weiser Mann
Zucht will lehren, wie er's kann,
So folg ihm allerwegen
Und murre nicht dagegen.
Eins achte ferner nicht gering:
Wo eines guten Weibes Ring
Du kannst erwerben und ihr Grüßen,
So nimm's; es wird dir Leid versüßen.
Dann in der frühsten Morgenzeit
War schon der Knabe fahrtbereit,
Der nur vom König Artus sprach.
Sie küßt' ihn noch und lief ihm nach.
O Welt von Leid, was da geschah!
Als ihren Sohn sie nicht mehr sah, —
Dort ritt er hin, wann kehrt er wieder?—
Fiel Herzeloyd zur Erde nieder.
Ihr schnitt ins Herz der Trennung Schlag,
Daß ihrem Jammer sie erlag.
Doch seht, ihr vielgetreuer Tod,
Er wehrt von ihr der Hölle Not.
O wohl ihr, daß sie Mutter ward!
Sie fuhr zum Lohn des Heiles Fahrt,
Sie, eine Wurzel aller Güte,
Ein Stamm, auf dem die Demut blühte.
Ach, daß die Welt uns nicht beschied
Ihr Blut auch nur zum elften Glied!
Drum ist so wenigen zu traun.
Doch sollen nun getreue Fraun
Mit Segenswünschen ihn geleiten,
Den wir dort sehn von dannen reiten.
3. Parzivals Abschied von
Kondwiramur.
Mit Züchten vor den Herrn im Saal
Sprach eines Morgens Parzival:
Frau, darf ich Euch den Wunsch vertraun,
Möcht' ich mit Eurem Urlaub schaun,
Wie es um meine Mutter steh';
Denn ob ihr wohl sei oder weh,
Davon ward lang mir keine Kunde:
Drum will ich hin auf kurze Stunde.
Auch liegt mir wohl zu Sinne,
Im Dienst für Eure Minne
Auf Abenteuer mich zu wagen.-
Sie konnt's aus Liebe nicht versagen,
Und ohne seine Mannen
Schied er allein von dannen.
4. Die Gralburg (gekürzt).
Noch lag des Abschieds Schwere
Lastend auf des Helden Sinn.
Er träumt von seiner Königin,
Ihr, aller Frauen Blüte
An Schönheit und an Güte.
Sein Roß drang unaufhaltsam vor
Durch Baumgefälle, Sumpf und Moor.
Schon rückt die Abendzeit heran;
Da lag vor ihm ein See im Tann,