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einen furchtbaren Kampf um ihn kämpfen, und es den Schutzgeistern
seines Schiffes überlassen, ob sie ihn aus der gefahrvollen Schlacht
erretten wollen. Der Athem will schier vor Angst in der Brust er¬
sticken, wenn das Auge gewahrt, wie in der Ferne zwei Eisberge
tosend zusammenstoßen, und das Ohr vor dem gewaltigen Gekrach
nicht mehr das laute Kommando des nahe stehenden Kapitäns hört.
Geschieht es, daß die Eisinseln zerschellen, so wird das Meer dadurch
oft in eine so stürmische Bewegung gesetzt, daß die grösten Schiffe,
welche sich in der Nähe befinden, dem Untergange nahe gebracht
werden können, und kleinere Fahrzeuge werden dann leicht noch in
großer Entfernung verschlungen. Wird aber das Schiff gar von
zwei gegen einander treibenden Eisschollen erfaßt, so bleiben nur noch
zerquetschte Holzfasern von ihm übrig.
Trotz dieser Gefahren sind doch bis jetzt schon mehr als hundert
Entdeckungsreisen in jene unwirtlichen Gegenden unternommen, und
jedes Jahr weiß von neuen Wagnissen zu erzählen, die kühne See¬
fahrer im Kampfe mit den wilden Elementen bestanden haben;
auch die Namen vieler deutschen Männer werden unter ihnen ge¬
nannt. Ob es aber jemals gelingen wird, bis zum Pole vorzu¬
dringen, mag wohl niemand entscheiden können. Di «ritz.
91. Der Eisbär.
Der gefürchtetste Bewohner des hohen Nordens ist der Eisbär.
Auf dem Lande sowohl wie im Wasser jagt er seine Beute; im
raschen Lauf und blitzschnell tauchend stürzt er sich auf dieselbe.
Nach dem Grieselbären Nordamerikas ist er der stärkste und gröste
der Bärenfamilie und erreicht bei einer Höhe von 4 bis 43/4 Fuß
eine Länge von 8 bis 9 Fuß und ein Gewicht bis 1600 Pfund.
Außer durch sein weißes, ins Gelbe spielendes Haar unterscheidet
er sich von dem Landbären durch längeren und gestreckten Rumpf,
schmalen Kopf, kleineren Rachen, kürzere Beine und längere, mit
Haaren besetzte Fußsohlen; letztere machen es ihm möglich, auf Eis¬
feldern und Eisbergen umherzusleigen, ohne auszugleiten.
Das nördliche Amerika, Grönland, Spitzbergen und das nörd¬
liche Sibirien sind seine Heimat, in welcher er sich nicht weit und
nur selten von den Küsten entfernt. An diesen und im Meere
finbet er seine Hauptnahrung: Seehunde, die Reste von Walfischen
und anderen Seethieren. Den Seehunden soll er in der Weise
nachstellen, daß er, sobald er aus der Ferne solche irgendwo auf
Felsblöcken ruhend erblickt, ins Wasser tauchend sich ihnen nähert,
hin und wieder nur die Nasenspitze hervorstreckend, um Lust zu
schöpfen. Bei ihnen angelangt, überfällt er sie mit einem mächtigen