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Feindes Anstalten wohl beobachtet hatten, stürmten sie ihm, nach
kurzem Gebet, in spitzer Schlachtordnung entgegen und suchten die
dichten Glieder zu durchbrechen. Umsonst; über sechzig der Vorder¬
männer fielen, unter ihnen Petermann von Gundoldingen, Ritter
und Schultheiß von Luzern, Altschultheiß Heinrich von Moos,
Stephan von Silenen, Landammann Konrad von Attinghausen und
Untervogt Anton Betschard. Da rieth Anton zer Port, ein Edel¬
knecht aus Mailand und zu Flüelen im Lande Uri eingesiedelt, mit
den Hellebarden auf die langen, inwendig hohlen Speere der Ritter
zu schlagen; — umsonst: etliche Glennen brachen, aber die Reihen
wankten nicht. In diesen! entscheidenden Augenblicke, als die Kräfte
der Eidgenossen ermatteten, und neue Opfer fielen, als die Ankunft Bon¬
stettens oder des Hinterzuges unter dem Grafen Friedrich von Zollern
gewissen Untergang droheten, rief Arnold Struthan von Winkelried
aus Unterwalden: „Brüder, ich will euch eine Gasse machen, sorget
für Weib und Kind!" sprang hervor, umschlang etliche Spieße,
drückte sie sich in den Leib und öffnete durch freiwilligen Tod den
Gefährten die Bahn des Sieges. Denn der Feind, unfähig, dem
zermalmenden Ansturm zu widerstehen, löste die Glieder auf und floh.
Aber viele Ritter sanken unter den Schlägen der Hellebarden, Keulen
und Schwerter, andere verschmachteten in der Hitze des Tages oder
erstickten unter dem Gewicht des Harnisches. Herzog Leopold aber
eilte an die Stelle, wo im wildesten Schlachtgewühl Ritter Ulrich
von Aarburg sterbend das blutgefürbte Banner emporhielt und
„Rette Östreich!" rief, entgegnete den Getreuen, welche abmahnten
vom Kampf, daß er mit so vielen tapfern Männern eher ehrlich
sterben, denn unehrlich leben wolle, und fand an der Seite Martin
Malterers, der das Banner der Stadt Freiburg im Breisgau trug,
den gewünschten Tod. Fortan endete alle Gegenwehr; es floh, wer
da konnte, den Grafen von Zollern und die Troßbuben mit den
Ritterpferden voran. Manchen rettete die Beutelust des Siegers,
welcher darnach Gott dankte und altem Gebrauche gemäß drei Tage
und Nächte auf der Wahlstatt zubrachte. Diese deckten über 2000
Fußknechte, 676 Grafen, Ritter und Herren aus Burgund, Schwaben,
Elsaß, Tirol, Breisgau, Aar- und Thurgau, unter ihnen dreihundert
und fünfzig gekrönte Helme. Wochenlang wohnten Trauer und
Einsamkeit in nahen wie fernen Burgen. Gott habe, murmelte da¬
gegen das Volk, zu Sempach Gericht gehalten über den muthwilligen
Stolz des Adels. Kort um.
128. Graf Eberhard der Rauschebart.
Ist denn im Schwabenlande verschollen aller Sang,
Wo einst so hell vom Staufen die Ritterharfe klang?