— 532 — 
fünf Minuten ebenfalls. Die übrigen Boote folgen einander in kurzen Ab¬ 
ständen: blauweiß, rotweiß, blauweiß, rotweiß, blauweiß. In dieser Zu¬ 
sammenstellung fahren sie die linke Seeseite entlang bis zum „Maiernigg“ 
und von da, den See überquerend, in weitem Bogen gegen die am rechten 
Ufer gelegene Militärschwimmschule. 
Nun ändert sich das Bild. Der erste Nautilus ist zwar noch immer 
mit sturmartiger Eile allen voraus; die anderen Nautilaner jedoch, ’deren 
Bemannung hastig und unregelmäßig rudert, bleiben mehr und mehr zurück. 
Und auch der erste Nautilus ist nicht unbestrittener Matador. Der erste 
Albatros, mit energischen, langen Buderschlägen vorwärtsstrebend, gewinnt 
Zoll um Zoll den verlorenen Boden. "Wenn der Nautilus klug ist, spart er 
jetzt seine Kräfte ... eben jetzt spart er sie nicht. Schnell und unruhig 
arbeiten die Ruderer. Für einige Augenblicke noch beträgt der Abstand 
vom Albatros zwei Bootlängen, gleich darauf nur mehr eine und, nachdem 
die Militärschwimmschule passiert ist, kaum eine halbe. 
Unter den Zuschauern herrscht fieberhafte Aufregung. Man wettet. 
Auf einmal tiefe Stille. Die Boote steuern gegen Loretto. Ein leichter 
Wind hat sich erhoben und bläst den Seespiegel zu kleinen Wellen empor; 
eine Wolke mildert für wenige Minuten das grelle Sonnenlicht. Nun legt 
der erste Albatros mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln los. Nautilus 
tut ebenfalls das Äußerste; umsonst, seine beste Kraft ist in unnötiger 
Bravour verpufft; auf eins, zwei, drei fährt des ersten Albatros Spitze an 
seinem Kiel vorbei. 
Das Schweigen am Ufer löst sich in frenetischen Jubel. „Bravo, Al¬ 
batros! Bravo, Albatros!“ Tücher, Hüte, Schirme werden geschwenkt, dem 
Sieger gehören alle Sympathien. 
Ja, Albatros ist Sieger und Nautilus besiegt. Aber in Ehren. Dem 
ruhmgekrönten Blauweißen reiht sich der Rotweiße, dem jener den Kranz 
entrissen hat, unmittelbar an. Dann folgen drei Albatros, dann zwei Nau¬ 
tilaner, hierauf zwei Albatros; endlich zum Schluß drei Nautilaner. So 
gelangen sie nach Loretto. Ein Tusch erklingt; die stürmischen Bravos 
wiederholen sich; Buketts, von Damenhänden geworfen, regnen in die Boote. 
Albatros ist Gegenstand allgemeiner Begeisterung. 
Mit der Preisverteilung war der Glanzpunkt des Festes, aber nicht das 
Fest selbst vorüber. Bei Einbruch der Dämmerung sollte in Loretto und 
Maiernigg eine Seebeleuchtung stattfinden. Der größte Teil des schau¬ 
lustigen Publikums blieb denn auch auf der Esplanade, wiewohl der 
Himmel immer unfreundlicher dreinsah. Es war plötzlich kühl geworden. 
Hinter dem Mittagskogel standen blauschwarze Wolkenberge mit blendend 
weißem Rand; andere Wolkenmassen schoben sich vom Rosental herüber;