A ii I) a ii g.
I. Zu: Fabeln und Parabeln.
Der Baum des Lebens.
Ms Adam lag im Todeskampfe schon,
Schickt' er zum Paradiese seinen Sohn,
Zu holen einen Zweig vom Lebensbaum,
Und zu genesen hofft' er noch davon.
Seth brach das Reis, und als er's hergebracht,
War schon des Vaters Lebcnshauch entfloh'n.
Da pflanzten sie das Reis auf Adam's Grab.
Und fortgepflanzt ward es von Sohn zu Sohn.
Es wuchs, als in der Grube Joseph lag,
Und Israel in der ägypt'schen Frohn.
Des Baumes Blüthen gingen duftend auf,
Als David harfend saß auf seinem Thron.
Dürr ward der Baum, als an dem Weg des Herrn
Irr ward in seiner Weisheit Salomon.
Doch die Geschlechter hofften, daß ihn neu
Beleben sollt' ein and'rer Davidssohn.
Das sah im Geist der Glaube, da er saß
Im Leid an Wasserflüsien Babylon.
Und als der ew'ge Blitz vom Himmel kam,
Zerbarst der Baum mit hellem Jubelton;
Begnadigt ward der dürre Stamm von Gott,
Zu dienen zu dem Holz der Passion.
Es zimmerte die blinde Welt aus ihm
Das Kreuz und schlug ihr Heil daran mit Hohn.
Da trug der Baum des Lebens blut'ge Frucht,
Daß,' wer sie koste, Leben sei sein Lohn.
O Freimund, sieh'! der Baum des Lebens wächst.
Ausbreitend sich, je mehr ihm Stürme droh'n.
Die ganze Welt ruh' unter seinem Schirm!
Die halbe ruht in seinem Schatten schon.
Friedrich Rückert.
II. Zu: Epische Dichtungen.
1. Der Glockenguß zu Breslau.
War einst ein Glockengießer
Zu Breslau in der Stadt,
Ein ehrcnwerther Meister,
Gewandt in Rath und That.
Er hatte schon gegossen
Viel Glocken gelb und weiß
Für Kirchen und Kapellen,
Zu Gottes Lob und Preis.
Und seine Glocken klangen
So voll, so hell, so rein:
Er goß auch Lieb' und Glauben
Mit in die Form hinein.
Doch aller Glocken Krone,
Die er gegossen hat,
Das ist die Sünderglocke
Zu Breslau in der Stadt.