Full text: Poesie und Prosa (Band 6 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

Landarbeit und Kunst. 
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vertrödeln; wir bekämpfen ihn, wenn wir ihre Arbeit und ihr Spiel 
auf gediegene Ziele richten. Sie brauchen darum nicht minder fröhlich 
zu sein. 
Deshalb fertigen wir nicht Übungsstücke, sondern ganze Gegen-- 
stände. Auch in den Mädchenschulen sollten die Techniken der Nadel- 
arbeit nicht an öden Mustertüchern, sondern an einfachen Ganzsachen 
geübt werden, Täschchen und Kragen, Schürzchen und Puppenkleidchen, 
Gebrauchsstücken für die kleinen Geschwister, für die eigene Kleidung, 
für Paus und Wohnung. Ze sachlicher und zweckmäßiger jeder Gegen¬ 
stand schon auf den ersten Blick erscheint, um so mehr ist er wert für 
die Erziehung. 
Nun wissen wir wohl: die Kunst im Pandwerk beginnt erst da, 
wo alle diese ethischen Ansprüche erfüllt sind. Die künstlerischen Pro¬ 
bleme der Form und der Farbe den Kindern nahezubringen, ist der 
schwierigere Teil unserer Arbeit. Denn hier ist das Wort machtlos. 
Pier kann der Lehrer nichts tun als zeigen und vormachen. Pier lernt 
der Schüler nur durch Sehen und Nachmachen. Anschauung ist alles. 
Zum Glück sind die Einsprüche der Kunst, wie wir sie heute ver¬ 
stehen, jenen Forderungen der Gesinnung nahe verwandt. Auch die 
Kunst sehnt sich heute nach gediegener Schlichtheit, nach gesunder Klar¬ 
heit, nach dem Echten und Großen. Zn unserer Baukunst wie in 
unserem Kunstgewerbe entscheiden nicht mehr die Einzelheiten, sondern 
das Ganze: der Aufbau der Gruppen, die Gliederungen der Massen, 
der Wohllaut der Verhältnisse, der Wechsel der Rhythmen, das Spiel 
der Linien und der Amrisse. Diese wesentlichen Reize im Kunstwerk 
zu sehen, zu suchen und zu würdigen, müssen unser Volk und unsere 
Zugend lernen. Was die Kinder im Unterricht nachbilden oder schaffen, 
sollte in diesem großen Sinne Form haben. Ihren Geschmack für 
Flächenkunst können wir beim Zeichenunterricht üben, wenn wir sie 
lehren, Zeichnung und Schrift, Bild und Rand harmonisch zu stimmen. 
Aber das Wichtigere, das Gefühl für räumliche Schönheit in drei 
Dimensionen, kann nur die Werkarbeit fördern. Nicht durch technische 
Übungsstücke, sondern durch die Arbeit an ganzen Gegenständen von 
sorgfältig erwogener, künstlerisch reifer Form. 
Wenn alle großen Probleme der Form und der Farbe bedacht 
und ins reine gebracht sind, erst dann sind wir befugt, uns auch in 
einzelnen Zieraten zu versuchen. Daß jedes Ornament sich dem Ganzen 
unterzuordnen hat, daß es sein Recht und seinen Wert nur aus dein 
Ganzen empfängt, muß das Kind auf Schritt und Tritt empfinden. 
Zch halte deshalb alles abstrakte Ornamentenspiel auf dem geduldigen
	        
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