Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

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und rein blasen zu können, und augenblicklich war die Sitzung aufge- 
hoben: jeder brachte seine Waffen und Kleider in Ordnung , bezahlte sein 
Genossenes oder gab der Madame einen bedeutenden Wink, und sowie 
das-Signal erscholl, stob alles in der größten Eile auseinander und 
begab sich auf den Sammelplatz der Batterie zum Appell. 
Der Appell ist für einen Militär, besonders von der leichten Art, 
wozu wir jungen Leute fast alle gehörten, eine penible, kitzliche Viertel¬ 
stunde. Alan kann auf sie vollkommen das bekannte Sprichwort an¬ 
wenden: „Es ist nichts so fein gesponnen rc." Alles kommt beim Appell 
an die Sonne. Es ist der Moment, wo der Hauptmann und die 
Offiziere nichts wesentliches zu thun haben und deshalb die Fehler und 
Unordnungen, welche in der Kompagnie begangen worden, ruhig über¬ 
denken, rügen und bestrafen, sowie neue Mängel aufsinden können. 
Hatte etwa ein Unglücklicher unter uns einen abgerissenen Knopf durch 
ein noch so künstliches manoeuvre de force ersetzt, d. h. den Hosen¬ 
träger und die Hose vermittelst eines Bindfadens zusammengeknüpft 
(der Ausdruck manoeuvre de force, womit wir etwas der Art be¬ 
zeichneten, kommt daher, weil der Artikel in unserm Artillerieleitfaden 
vom Zusammenflicken zerbrochener Geschützstücke ebenso überschrieben ist), 
und war der Schaden noch so sehr verborgen und beim Exercieren oder 
Reiten am Vormittag durchaus nicht bemerkt worden, beim Appell ent¬ 
deckte ihn sicher einer der herumspürenden Offiziere und zog den Be¬ 
treffenden vor die Batterie zu gebührender Strafe. Hatte einer am 
Morgen aus Mangel an Lust zum Exerciren sich krank gemeldet, hatte 
er sogar den Doktor überlistet und von ihm ein Zeugniß erpreßt über 
bedeutenden Katarrh oder schlimme Kolik, beim Appell wurde der Kranke 
dem Kapitän gemeldet, welcher sich sofort durch den wachthabenden 
Unteroffizier theilnehmend nach ihm erkundigen ließ, eigentlich aber, 
um zu erfahren, ob sich der Patient wirklich in seinem Bette oder doch 
auf seiner Stube befinde. Meldete nun der Diensthabende, der Kranke 
sei im Revier nicht zu finden, wehe ihm! Befand sich dagegen der 
Kranke auf seiner Stube, so mußte er gewöhnlich vor der Kompagnie 
erscheinen, und kam dann meistens in einem alten zerrissenen Stuben¬ 
mantel und Pantoffeln, um sich über seinen Zustand vernehmen zu lassen. 
Eines Tages hatte sich ungefähr ein Dutzend krank gemeldet, wor- 
über der Hauptmann beim Appell ein gewaltiges Geschrei erhob und 
den Diensthabenden in größter Eile hinausjagte, sie samt und sonders 
auf den Hof zu bringen. Der Unteroffizier gieng, kam aber sogleich 
mit dem Bescheid zurück, sämtliche Kranke seien in ihren Betten und 
weigerten sich, in ihrem Zustande sich der Luft auszusetzen. Neues 
Fluchen von Seiten des Kapitäns, und der Befehl, die Kranken auf 
der Stelle hieher zu bringen; bei dem Worte hie her zeigte er vor sich 
auf die Erde, und der Unteroffizier, ein pünktlicher Mensch, hakte ruhig 
seinen Säbel los und machte, ungefähr da, wo der verlängerte Finger 
des Kapitäns die Erde berührt hätte, ein Kreuz und wollte gehen. 
Ein donnerndes Halt des Offiziers hielt ihn zurück. „Was soll das 
Zeichen, Herr?" Der Unteroffizier entgegnete ganz ruhig, um dem 
Befehl des Herrn Hauptmanns genau nachzukommen, habe er sich die 
Stelle bemerkt, wo er die Kranken hinbringen solle. Der unglückliche, 
diensteifrige Mensch! ihm hatte am Morgen nicht geträumt, daß er sein 
Mittagsbrot, und Brot im eigentlichen Sinne des Worts, im Arrest 
verzehren sollte. Fünf Minuten nach obigem Vorfalle führte manchen 
Diensthabenden nach Nr. 7^; so hieß der Kürze halber das Militär¬ 
gefängniß, weil es diese Nummer führte. 
5 
10 
15 
20 
25 
30 
35 
40 
45 
50
	        
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