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Caj etan.
Wehe, wehe dem Mörder, wehe,
Der sich gesät die tödtliche Saat!
Ein andres Antlitz, eh' sie geschehen,
Ein andres zeigt die vollbrachte That.
Muthvoll blickt sie und kühn dir entgegen,
Wenn der Rache Gefühle den Busen bewegen,
Aber ist sie geschehn und begangen,
Blickt sie dich an mit erbleichenden Wangen.
Selber die schrecklichen Furien schwangen
Gegen Orestes die höllischen Schlangen,
Reizten den Sohn zu dem Muttermord an:
Mit der Gerechtigkeit heiligen Zügen
Wussten sie listig fein Herz zu betrügen,
Bis er die tödtliche That nun gethan —
Aber, da er den Schooss jetzt geschlagen,
Der ihn empfangen und liebend getragen,
Siehe, da kehrten sie
Gegen ihn selber
Schrecklich sich um —
Und er erkannte die furchtbaren Jungfraun,
Die den Mörder ergreifend fassen,
Die von jetzt an ihn nimmer lassen,
Die ihn mit ewigem Schlangenbiss nagen,
Die von Meer zu Meer ihn ruhelos jagen
Bis in das Delphische Heiligthum.
183. Die Hermannschlacht.
(Scenen aus dem gleichnamigen Drama von H. v. Kleist.)
1.
Hermann. Eginhart, fein Rath; Ruitgar, dessen Sohn.
Hermann.
Du bist entschlossen, hör’ ich, Luitgar,
An Marbod heimlich eine Botschaft zu besorgen?
Luitgar.
Ich bin's, mein hoher Herr.
Hermau n.
Kann ich gewiss sein,
Dass das, was ich dir anvertraue,
Vor morgen Nacht in seinen Händen ist?