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angesehen werden, die durch zahlreiche Mäuler und eben so zahl—
reiche Magen ernährt wird. Übrigens verdient bemerkt zu werden,
daß das feste kallige Gerüste oder Skelett stets von der gemein⸗
schaftlichen Haut der Kolonie überzogen wird, aus deren zahl⸗
reichen Offnungen eine reiche Flora von strahligen Blumen her⸗
vorkeimt.
Da die Lithophyten oder Steinkorallen ein den Pflanzen ähn⸗
liches Wachstum haben, so ist es nicht zu verwundern, daß sie
fast alle Formen der Vegetation nachahmen. Es gibt unter ihnen
Flechten und Moose, Sträucher und Bäume, die eine Höhe von
sechs oder acht Fuß erreichen, zierliche Vasen und symmetrische Dom⸗
kugeln, die zuweilen einen Durchmesser von zehn und sogar zwanzig
Fuß besitzen.
Doch alle diese sich so verschiedenartig entfaltenden Formen
entstehen ursprünglich aus einem einfachen Keim, der, Knospe an
Knospe reihend, seiner eigentümlichen Natur nach das breite Blatt,
den dünnen Zweig, die Säule oder die Halbkugel bildet.
Von den, mauerartige Korallenriffe erzeugenden Zoophyten
der heißen Zone kann man im vollsten Sinne des Wortes sagen,
daß sie für die Ewigkeit bauen. Das Knochengerüste der höheren
Tiere verschwindet nach wenigen Jahren von der Erde, aber das
steinerne Skelett des Polypen bleibt fest an der Stelle gewurzelt, die
es während dessen Lebens einnahm und dient einer neuen Genera⸗
tion zum Fundament, worauf diese weiter fortbaut. Gewöhnlich sind
alle tieferen Schichten der größeren Polypenaggregate tote Massen.
So sind die mächtigen hemisphärischen Dome der Asträen mit
einer lebenden Schicht, die nur etwa einen halben Zoll dick ist,
überzogen, und bei einigen gleichgroßen Poriten findet man die
ganze Masse leblos, bis auf eine dünne äußere Kruste von etwa
Vs Zoll.
Wir staunen über die Größe der Pyramiden und der uralten
Tempel, welche eine längst verschwundene Vergangenheit an den
Ufern des Nils auftürmte, aber was sind die kolossalen Pracht⸗
bauten der Pharaonen gegen die mächtigen Mauern, welche von
den kleinen, schwachen Zoophyten aufgeführt werden.
Von Darwin, dem wir die geistreichste Erklärung der selt⸗
samen Formen, welche die Korallenriffe darbieten, verdanken, werden
diese tierischen Felsbauten naturgemäß nach ihrer geologischen